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Das Leben als Fahrradkurier

Viele Bekannte und Freunde fragen mich immer wieder, wie denn meine Arbeit als Fahrradkurier eigentlich aussieht. Deswegen habe ich mir gedacht, ich versuche mal einen kleinen Einblick in meine Welt zu schaffen. Man hört ja einiges über Fahrradkuriere. „Rowdies, Asphalt Cowboys, Anarchisten auf schmalen Felgen“, sind nur einige der Bezeichnungen für Kuriere.

Natürlich fallen wir Fahrradkuriere in den Städten oft auf. Schnelle Radfahrer, die die Verkehrsordnung nicht so genau nehmen, meist mit großem Rucksack oder Umhängetasche ausgestattet und oft in sportlichem Trikot. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Beruf des Fahrradkuriers? Was bewegt jemanden dazu, so einen Job zu machen? Ich werde versuchen diese und weitere Fragen mit diesem Artikel zu beantworten.

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Warum?

Entscheidet man sich für den Job als Fahrradkurier wird einem schnell klar, dass dies nicht die vernünftigste Entscheidung war. Man fährt bei jedem Wetter mit dem Rad. Egal ob Sommer, Winter, Sonnenschein oder Schneematsch. Doch darauf kann man sich dank guter Kleidung recht gut einstellen. Außerdem ist man als Fahrradkurier selbstständig. Das bedeutet, dass man sich selbst versichern muss, seine Buchhaltung machen muss und kein Urlaubsgeld bekommt. Verletzt man sich, hat man kein Einkommen. Diese Faktoren tragen schon mal zu einer gewissen „Grundunsicherheit“ bei. Nicht zu vernachlässigen ist natürlich auch das Risiko, dass der Verkehr in einer größeren Stadt in sich birgt. Eine falsche Bewegung kann zu teilweise schweren Verletzungen und Schlimmeren führen. Natürlich darf man die körperliche Anstrengung auch nicht unbeachtet lassen. Da ich schon einige Jobs gemacht habe, kann ich guten Gewissens behaupten dass eine 10 Stunden Schicht am Rad teilweise extrem belastend sein kann. Oft kommt ein gewisser Zeitdruck dazu, sodass man ordentlich in die Pedale treten muss.

Nach all diesen Punkten tut sich natürlich die Frage auf, warum jemand gerne Kurier ist. Nun ja, nach 8 Stunden bei -10 Grad und 20cm Neuschnee kann ich sie mir selbst nicht mehr beantworten. Doch im Großen und Ganzen ist es für mich trotz allem der schönste Beruf den es gibt. Das hat mehrere Gründe aber am wichtigsten ist meiner Meinung nach die Freiheit die man dabei hat und fühlt. Es gibt keinen Chef, keinen Vorgesetzten, keine Stempelkarten zu Arbeitsbeginn, kein stickiges Büro. Kurierfahren hält einen fit wie fast kein anderer Beruf. Immerhin fährt man durchschnittlich doch zwischen 60 und 100km am Tag mit dem Rad. Als hauptberuflicher Fahrradkurier bekommt man da im Monat schon mal gut und gerne knappe 1000km auf den Tacho. Anscheinend härtet es auch gut ab, da zwei unserer ehemaliger Fahrradboten bei Veloblitz mittlerweile International auf sich aufmerksam machen. Christoph Strasser, RAAM (race across america) Sieger und Rekordhalter, war Fahrradkurier in Graz. Ebenso Severin Zotter, der erst vor kurzem die Tortour in der Schweiz (hier unser Bericht) für sich entscheiden konnte.

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Kurieralltag

Ich werde oft gefragt, wie der Alltag als Fahrradkurier eigentlich aussieht. Darum möchte ich jetzt kurz einmal meinen Tagesablauf beschreiben.

Bei unserem Kurierdienst, Veloblitz, trägt man sich in eine Bereitschaftsliste ein. In dieser gibt es sogenannte Schichten oder Slots,.- die unterschiedlich lang dauern. Es ist möglich 5 oder 6 Stunden zu fahren, aber natürlich auch kein Problem den ganzen Tag unterwegs zu sein. Ich beginne immer so früh als möglich, also so zwischen 7 und 8 Uhr. Dementsprechend stehe ich früh genug vor Schichtbeginn auf und versuche ein möglichst Energie gebendes Frühstück zu mir zu nehmen. Gleich wie bei den meisten Radsportlern ist auch beim Kurierfahren eine gute Ernährung verdammt wichtig. Nach dem Frühstück checke ich nochmal kurz mein Bike durch, und dann geht’s meistens direkt auf die Straße. Aufträge bzw. Fahrten werden mir von unserer Kooperationsfirma direkt am Smartphone vorgeschlagen. Idealerweise entscheide ich mir für einen Auftrag, der in der Nähe meiner Wohnung beginnt. Ich fahre also zum ersten Kunden und hole etwas ab. Das kann von einer Blutprobe ,die schnell ins Labor muss, bis zu einem Schlüssel, den jemand vergessen hat, alles sein. Medizinische Transporte kommen sehr häufig vor. Weiters gehen wir öfters für ältere Menschen einkaufen und liefern den Einkauf nach Hause. Dokumente, Buchhaltungsunterlagen, Essen und normale Briefe werden jedoch auch täglich transportiert.

1524761_810403902319546_30078841_nNach dem ersten Auftrag sucht man sich die nächsten Aufträge aus. Idealerweise kombiniert man mehrere Aufträge zu einer zusammenpassenden Runde. So geht’s dann mal den ganzen Vormittag dahin. Zu Mittag treffe ich mich oft mit Arbeitskollegen zu einer kleinen Kaffee- und Jausenpause. Diese Zeit nutzt man meistens mit Fachsimpeln über die Ausrüstug bzw. die Bikes. Nach dieser Verschnaufpause geht es im Stile des Vormittages weiter. Smartphone rausholen, Aufträge annehmen, zu Kunden fahren, Transportgüter abholen und zustellen. Abends trifft man sich häufig auf ein kühles Bier und lässt den Tag Revue passieren.

Equipment

Beim Equipment und der Wahl des Rades gibt es natürlich viele unterschiedliche Meinungen. Jeder Kurier behauptet, dass sein Rad das Ideale ist. Bei unserem Kurierdienst sind so ziemlich alle Radtypen vertreten. Einige Leute schwören auf Rennräder, die anderen auf Fixies. Ja sogar MTBs sind hin und wieder gesehen worden. Meiner Meinung nach ist ein Fixie das Ideale Kurierrad. Es zu warten, bedarf schon mal sehr wenig Aufwand. Weiters sind so wenig Anbauteile verbaut, dass auch nicht viel kaputt gehen kann. Mein Bike hat einen stabilen Alu Rahmen von CNC Bikes . Bei den Laufrädern vertraue ich auf Mavic Felgen. Hinten ein günstiges Fixie Laufrad, vorne ein schönes und vor allem Leichtes Ksyrium SL. Mäntel mit integriertem Pannenschutz gehören zur FIX Ausrüstung eines Kuriers. Ich rolle auf den Armadillos von Specialized und kann bis jetzt nur gutes über die Berichten. Wichtig ist auch ein Lenker, auf dem man mehrere Griffpositionen einnehmen kann. An meinem Bike ist deswegen ein einfacher Bullhornlenker montiert. Dieser ist ähnlich einem Triathlon Unterlenker nach vorne gebogen, um beispielsweise beim Sprinten und Bergauffahren mehr Stabilität zu gewährleisten.

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Der Rucksack bzw. die Umhängetasche ist nach dem Rad das wichtigste Accesoire des Fahrradkuriers. Mein Rucksack ist Custom Made auf meine Bedürfnisse angepasst, von einer lokalen Designerin, designed und gebaut worden. Er hat ein lässiges Aussehen verpasst bekommen und ist groß und stabil genug, um 2 A4 Schachteln zu fassen. Mir waren auch gepolsterte Träger und ein gepolsterter Rückenbereich wichtig. Im Inneren befindet sich am Rückenteil ein Dokumentenfach, um wichtige Unterlagen knitterfrei zu transportieren und im Sommer eine Kühltasche mit Kühlakku, um Blutproben gekühlt zu transportieren. Der Rucksack an sich besteht aus einem Planenstoff und etwas Textilmaterial an den Trägern. Der restliche Inhalt unterscheidet sich nicht besonders von dem, was man auf eine Tour mitnimmt. Kleines Tool, Speichenschlüssel, Mini Pumpe und ein wenig Kleingeld, um bei Barzahlungen Wechselgeld am Start zu haben.

Ein gutes Pedalsystem ist natürlich selbstverständlich. An meinem Rad findet man deswegen SPD Pedale von Shimano. Bei den Schuhen setze ich auf MTB Schuhe da man bei den Kunden doch öfters mal Stiegen und ähnliches bezwingen muss. Ein Rennradschuh wäre in diesem Fall zu steif und unbequem. Beim Fahren muss ich deswegen mit eher weicheren Schuhen zufrieden sein, aber bist jetzt bin ich zufrieden.

Kurierfahren ist in gewisser Weise eine Lebenseinstellung. Es ist nicht so, dass man nach Hause geht und sofort mit der Arbeit abschließen kann. Das Bike gehört regelmäßig gewartet, man muss die Rechnungen die bei den Aufträgen ausgestellt wurden sortieren. Das Leben als Fahrradkurier ist kein leichtes, das ist klar. Aber ich genieße es und hoffe, es noch eine lange Zeit machen zu können.

Ich hoffe, ich habe euch einen kleinen Einblick in den Beruf des Fahrradkuriers geben können. Und wenn ihr mal in Graz, Österreich seid, lade ich euch gerne ein und nehme euch ein paar Kilometer mit. 🙂 In diesem Sinne, ride safe und genießt das Biken. Denn ganz egal ob Rennrad, BMX oder Downhill-Geschoss. Radfahren ist der Hammer!!!!!

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Über den Autor

Lukas-BMX

Lukas fährt seit 2001 Mountainbike, ist selbstständiger Fahrradkurier und ist auch seit Jahren auf dem BMX unterwegs. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht und lebt von und für das Radfahren.

6 Comments

  • Hi Lukas-BMX, danke für den klasse Bericht. Ich sleberfahre auch als PKW-Blut-Kurier oft durch eine der großen Ruhrgebiemetropolen. Oft sehe ich dort auch Bike-Kuriere. Die meisten dort sind aber wohl nicht selbstständig, sondern gehören einem Unternehmen an. Es tragen alle mehr oder weniger die gleichen Klamotten und fahren die gleichen Bikes mit den gleichen fetten Koffern rechts und links.

    Dennoch, wenn ich mit ihnen hin und iwieder morgens bei der Post stehe um Postfächer zu leeren, bewundere ich sie ein wenig.
    Weis ich doch nur zu gut, was es bedeutet jeden Tag bei Wind & Wetter auf dem Bike zu sitzten. Fahre jeden Tag „nur“ 20km Oneway zum Job – auch bei Wind & Wetter.

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