Deutsche Meisterschaft Cross-Country 2014:
Adelheid Morath triumphiert und Schulte-Lünzum verwirklicht seinen Traum. Hier alle Infos aus Bad Säckingen…
Der Himmel hatte gerade seine Schleusen zugemacht, da stand Adelheid Morath im Ziel und vergoss Freudentränen. Gerade hatte sie ihren ersten Cross-Country-Titel seit Junioren-Zeiten (2001 und 2002) perfekt gemacht. „Mir fällt ein Stein vom Herzen“, bekannt sie. Die Anspannung war vor dem Rennen wohl groß gewesen.
Bild (c) Dobslaff, weitere ©Maasewerg ; Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion ©Erhard Goller
„Ich bin überglücklich. Ich wusste, dass ich in guter Form bin und wollte einfach meinen Rhythmus fahren. Ich hatte noch Reserven, für den Fall, dass die von hinten Druck machen. Das war der Plan und er ist aufgegangen. Ich kann es noch gar nicht fassen“ erklärte Morath.
Die Freiburgerin lieferte im Regen von Bad Säckingen eine eindrucksvoll konzentrierte Vorstellung ab. In starker körperlicher Verfassung angetreten, war die knapp 30-Jährige auf dem schwierigen Untergrund auch mental auf der Höhe.
In der ersten Runde folgte sie dem Tempo von Helen Grobert. So entstand bereits eine erste Lücke zu Titelverteidigerin Sabine Spitz. In Runde zwei von fünf zog Morath am Berg das Tempo etwas an und war fortan alleine an der Spitze. Allerdings war der Rückstand von Helen Grobert und dann von Sabine Spitz nie so groß, dass sich die Schwarzwälderin in Sicherheit fühlen konnte. Sabine Spitz drehte in der dritten Runde auf, überholte Grobert und verringerte ihren Rückstand von 25 auf 18 Sekunden. (Bild (c) Goller)
Doch dann unterlief der 16-fachen Deutschen Meisterin in einer rutschigen Abfahrt ein Fehler und der Rückstand wuchs auf 30 Sekunden an. Adelheid Morath leistete sich vorne keinen Wackler und als Sabine Spitz ein zweites Mal wegrutschte und dadurch Helen Grobert erlaubte wieder heran zu fahren, war eine Vorentscheidung gefallen. „Die Strecke hat sich halt jede Runde verändert und da war es schnell mal passiert, dass man wegrutschte“, erklärte Spitz. 53 Sekunden trennten die beiden Teamkolleginnen am Ende.
Spitz sicherte sich Silber, nachdem sie am vorletzten Anstieg gegenüber Grobert noch ein paar Radlängen heraus fahren konnte und den Vorsprung routiniert ins Ziel brachte. U23-Fahrerin Grobert (Focus XC) wurde mit 57 Sekunden Rückstand auf Morath (1:10:00) Dritte und holte damit ihre erste Medaille in der Elite-Kategorie. Die 42-Jährige Olympiasiegerin meinte nach dem Duell der Generationen: „Ich hatte etwas Probleme mit dem Magen und konnte meine Leistung nicht hundertprozentig abrufen. Unter diesen Umständen muss ich zufrieden sein mit der Silbermedaille. Aber Adelheid hat heute auch eine famose Performance abgeliefert“, kommentierte Spitz.
Bild (c) Maasewerd
Für Helen Grobert bedeutete Rang drei die Erfüllung ihres persönlichen Ziels. „Ich wollte eine Medaille und das hat geklappt. Es war der Hammer mit den beiden deutschen Top-Fahrerinnen mitfahren zu können und sogar in Führung zu liegen. Ich bin super happy über den Tag“, sagte die 22-Jährige aus Remetschwiel, für die es wie für Spitz auch ein Heimrennen war.
Die Freiburgerinnen Nina Wrobel (4.) und Hanna Klein (5.) konnten nie ins Rennen um die Medaillen eingreifen. Klein war in der ersten Runde noch an Spitz dran, brach dann aber ein.
Herren:
Die Herren hatten das Glück, dass es zumindest von oben trocken blieb. Allerdings war der Untergrund weiterhin eine sehr diffizile Angelegenheit, weil sich die Fahrlinien in matschigen Passagen von Runde zu Runde änderten.
Es war Titelverteidiger Moritz Milatz (32), der von Beginn an das Tempo bestimmte. Der Freiburger konnte sich gemeinsam mit Markus Schulte-Lünzum absetzen. In den Anstiegen war Milatz der Stärkere, der 23-jährige aus Haltern am See konnte in den technischen Passagen jedoch immer wieder die kleinen Lücken schließen. Dahinter versuchte sich Manuel Fumic „mit schlechten Beinen“ über Wasser und den Abstand in Grenzen zu halten. Er blieb bis zur Hälfte der Distanz auch noch auf Schlagdistanz.
In der vierten von sechs Runden endete Milatz’ Traum vom fünften Titel. In einer Abfahrt musste er in die Büsche. Der Sturz selbst war harmlos, („mir ist nichts passiert“), doch die Folgen waren drastisch. Die Halterung vom Schalthebel war abgebrochen. Keine Chance zur Reparatur, keine Chance weiter zu fahren. Total enttäuscht gab er das Rennen auf. „Ich fasse es nicht“, schüttelte der frustrierte Milatz den Kopf.
Mit seinem Alptraum begann der Traum von Schulte-Lünzum wirkliche Konturen anzunehmen. Der Abstand zu Manuel Fumic wuchs an und der West-Münsterländer steuerte auf seinen ersten Titel in der Elite-Kategorie zu. Am Ende waren es 1:46 gegenüber Manuel Fumic. Der U23-Weltcupsieger vom vergangenen Jahr hatte am Freitag tatsächlich einen Traum gehabt. „Das ist der Wahnsinn, der absolute Hammer. Ich habe geträumt, dass mir Focus einen Meister-Rahmen macht, dass ich das Trikot habe und war froh, dass ich endlich aufgewacht bin, weil das so unwirklich war“, erzählte Schulte-Lünzum euphorisch. „Schade, dass es so passiert ist, mit dem Pech von Moritz, aber bin trotzdem super glücklich. Ich kann es gar nicht fassen.“
Manuel Fumic wirkte dagegen sehr abgeklärt, fast ernüchtert. Das ganze Rennen über betrieb er praktisch Schadensbegrenzung. „Ich bin mein Tempo gefahren und am Ende hat es zum Vizemeister gereicht. Das war zwar nicht das, was ich mir erhofft habe, aber mit den Beinen bin ich mehr als zufrieden“, sagte der Cannondale-Fahrer.
Auf Rang drei erreichte Markus Bauer das Ziel (+2:59). Dass ausgerechnet der Ausfall seines Kumpels Moritz Milatz ihm die Medaille, seine erste in der Elite-Klasse bescherte, das war dem Kirchzartener sicher nicht recht. Doch für sich selbst nahm er die Bronze-Medaille mit einem Glücksgefühl zur Kenntnis. Er war in der zweiten Runde gestürzt, als er noch mit Schulte-Lünzum und Milatz in der Spitzengruppe lag. Er fuhr eine halbe Runde dann bei Fumic mit, doch auch das war ihm zu schnell.
Auch als Julian Schelb von hinten aufrückte, ging er nicht mit. „Dann hat es auf einmal klick gemacht. Ich bin an Julian wieder ran gefahren und als ich hörte, es geht um Platz drei, da habe ich gleich angegriffen“, erzählte Bauer. Sein ehemaliger WG-Genosse konnte nicht reagieren und so fuhr Bauer zur Bronze-Medaille.
U23 Damen: Wehrle überrascht
Mit der Buchenbacherin Lena Wehrle hatte wohl niemand als Nachfolgerin von Helen Grobert als U23-Meisterin gerechnet. Die Lexware-Fahrerin gewann vor Majlen Müller (Fujibikes-Rockets). Die Wuppertalerin lag bis zur Hälfte des Rennens in Führung, versuchte dann auch noch mal Wehrle abzuhängen, doch die war in der Lage zu kontern und feierte mit 24 Sekunden Vorsprung einen überraschenden Titelgewinn, den ersten in ihrer Karriere.
Einige Defekte würfelten das Geschehen immer wieder durcheinander. Leidtragende war auch Sofia Wiedenroth, die in Führung liegend in der ersten Runde Defekt hatte und mit ihrem platten Hinterrad einen weiten Weg zurück legen musste und sich mit Bronze zufrieden geben musste.