Der Markt in Sachen elektrischer Fortbewegung wächst grade im Bikesegment sehr rasant. Technische Entwicklungen erfordern daher auch eine stetige Anpassung der rechtlichen Regeln und Grundlagen. Wir fassen daher mal die aktuellen Definitionen und Rechtslagen mit Stand vom März 2013 zusammen:
Das Pedelec
Das Wort Pedelec setzt setzt sich aus den Worten „Pedal“, „Electric“ und „Cycle“ zusammen und beschreibt nach EU-Recht ein Fahrrad mit Trethilfe. Dieses ist so definiert, dass der Motor eine maximale Nennleistung von 250 Watt haben darf und nur bis zu einer Geschwindigkeit von maximal 25km/h unterstützen darf. Sind diese 25 km/h erreicht oder hört der Fahrer auf zu pedalieren oder stoppt, so muss sich der Motor automatisch abschalten. Wird wieder getreten und/oder 25 km/h unterschritten setzt der Motor wieder unterstützend ein. Anke Namendorf vom niederländischen Fahrrad- und E-Bike-Hersteller Koga dazu: „Im Straßenverkehr gelten für das Pedelec-Fahren europaweit die gleichen Rechte, Pflichten und Vorschriften wie für das Radfahren“.
Das Pedelec mit Anfahr-/Schiebehilfe
Es wird in Deutschland nicht zwischen einem „normalen“ Pedelec und einem Pedelec mit Anfahr- bzw. Schiebehilfe unterschieden. Auch nach EU-Recht gilt letzteres ebenfalls als Fahrrad. Der Unterschied mit der Anfahr- oder Schiebehilfe ist der, dass das Pedelec bis zu einer Geschwindigkeit von 6 km/h per Schalter alleine mit Motorleistung gefahren werden kann. Daher müssen zurzeit noch in Deutschland jüngere Fahrer (nach dem 1.4.1965 geboren) mindestens eine Mofa-Prüfbescheinigung besitzen. Höherwertige Führerscheine gelten selbstverständlich auch. Erfreuliches zu diesem Sachverhalt trägt Peter Horsch bei, seines Zeichens Produktmanager beim Pedelec-Hersteller Riese und Müller und als begeisterter Pedelec-Fahrer nicht nur von Berufs wegen mit den rechtlichen Bestimmungen und deren Entwicklung vertraut: „Hier ist jedoch eine Änderung im Straßenverkehrsgesetz (StVG) geplant, nach der diese Bedingung wegfallen soll“
Das E-Mofa
Das E-Mofa unterscheidet sich schon durch das „E“ von einem herkömmlichen Mofa mit Verbrennungsmotor. Gemeinsam ist allerdings, dass es alleine mit der Motorkraft auf bis zu 20 km/h beschleunigen kann und daher laut EU-Recht ein Kraftfahrzeug des Typs Leichtkraftrad mit geringer Leistung (L1E) ist. Zusätzlich gilt in Deutschland für diese Art von Zweirad die Leichtmofa-Ausnahmeverordnung, welche Fahrzeuge mit einer Motorleistung von maximal 500 Watt und einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h umfasst. Ferner sind eine Betriebserlaubnis (Fahrzeugpapiere), eine Haftpflichtversicherung (kleines Nummernschild) und eine Mofa-Prüfbescheinigung für Fahrer, die nach dem 1.4.1965 geboren sind, notwendig. Es gibt darüber hinaus auch noch ein paar Sonderregeln, die die Ausstattung des Zweirads betreffen. Wichtig ist bei der Nutzung von E-Mofas, dass Radwege nur genutzt werden dürfen, wenn das Zusatzschild „Mofa frei“ dieses auch gestattet; und das gilt sowohl innerorts wie außerorts.
Das S-Pedelec
Das S-Pedelec weist vom Grundsatz her die gleichen Eigenschaften auf wie ein „normales“ Pedelec. Also setzt der Motor zum Beispiel aus, wenn nicht mehr getreten wird. Der Unterschied liegt aber beim Abschalten des unterstützenden Motors beim Erreichen der Höchstgeschwindigkeit. Diese liegt beim schnellen S-Pedelec nämlich bei 45 km/h. Ferner darf der Motor eine doppelt so hohe Nennleistung besitzen; nämlich maximal 500 Watt. Dementsprechend fällt das S-Pedelec wie das E-Mofa laut EU-Recht unter die Kategorie Kraftfahrzeug des Typs Leichtkraftrad mit geringer Leistung (L1E). Daher sind auch hier eine Betriebserlaubnis (Fahrzeugpapiere), eine Haftpflichtversicherung (kleines Nummernschild) und eine Mofa-Prüfbescheinigung für Fahrer, die nach dem 1.4.1965 geboren sind, notwendig. Interessant hierbei sind auch noch die zusätzlichen Ausstattungsvorschriften, wie Paul Hollants vom Liegeradhersteller HP Velotechnik, zu deren Modellpalette auch ein schnelles E-Trike gehört: „Darüber hinaus gibt es besondere Ausstattungsvorschriften, wie etwa die Ausstattung mit einem Rückspiegel. Das gilt für konventionelle Radformen als auch für dreirädrige S-Pedelecs der Klasse L2E mit schnellem Antrieb“.
In Deutschland werden S-Pedelecs derzeit nach den Regeln der Leichtmofa-Ausnahmeverordnung zugelassen, die bis zu einer Motorleistung von maximal 500 Watt und bei einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h gilt. Danach dürfen S-Pedelecs wie E-Mofas nur außerorts auf Radwegen fahren und innerorts beim Zusatzschild „Mofa frei“. Seit dem Frühjahr 2012 vertritt das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Städtebau (BMVBS) jedoch die Auffassung, dass bei S-Pedelecs die mit Muskelkraft und Motorkraft zu erzielende Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h als bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit anzusehen ist. Nach dieser Auffassung ist das S-Pedelec ein Kraftfahrzeug und kein Leichtmofa (bauartbedingte Höchstgeschwindigkeit max. 20 km/h) und von der Benutzung sämtlicher Radwege ausgeschlossen. Bislang blieb aber die Zulassungspraxis unverändert. Entscheidend für den Verbraucher ist das, was in den Fahrzeugpapieren steht, nämlich noch immer Leichtmofa.
Beleuchtung
Zum Thema Beleuchtung an Pedelecs mit und ohne Schiebehilfe weiß Sebastian Göttling vom Beleuchtungshersteller Busch und Müller: „Sie müssen im Verkehr mit einer funktionierenden Dynamobeleuchtung nach StVZO ausgestattet sein“. Hingegen muss beim E-Mofa und S-Pedelec eine Beleuchtung vorhanden sein, die auch im Stand funktioniert. Daher kommt der Strom bei den letzteren Zweirädertypen auch aus den Fahrzeugakku. Ergänzend meint Sebastian Göttling dazu: „Darüber hinaus dürfen nur Scheinwerfer verwendet werden, die ein e- bzw. E-Prüfzeichen besitzen, das auch in den Fahrzeugpapieren aufgeführt wird. Umrüstungen des Scheinwerfers erfordern dann auch eine Anpassung der Papiere durch den TÜV“.
Helmpflicht
Wie auch bei „normalen“ Fahrrädern gibt es die Diskussion natürlich auch im Bereich des E-Bikes. Grundsätzlich ist erst einmal festzuhalten, dass Pedelecs, ob jetzt mit oder ohne Schiebehilfe, als Fahrräder gelten. Somit besteht keine Helmpflicht, es wird aber (dringend) empfohlen einen Helm zu tragen, da die Geschwindigkeiten doch höher sind. Gemäß der Leichtmofa-Ausnahmeverordnung sind Leichtmofas, also auch E-Mofas, ebenfalls von einer Helmpflicht befreit. Nach der bisherigen Zulassungspraxis galt dies für S-Pedelecs auch, doch im November 2012 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Städtebau (BMVBS) durch Verlautbarung im Verkehrsblatt das S-Pedelec bezüglich der Helmpflicht als Kleinkraftrad mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h eingestuft. Demnach sei ein geeigneter Helm zu tragen. Was jedoch ein geeigneter Helm ist, habe die Industrie zu entscheiden. Aufgrund der maximalen Geschwindigkeit und Motorleistung müsste eigentlich auf dem S-Pedelec ein Motoradhelm getragen werden, der aber zu schwer und zu warm sein dürfte, wenn man zusätzlich zur motorisierten Unterstützung auch noch pedalieren muss. Daher akzeptiert die Polizei in der Regel auch stillschweigend die Nutzung eines Fahrradhelms. Ohne diesen sollte man schon freiwillig nicht mit einem S-Pedelec fahren.
Radwegebenutzung
Für Pedelecs, unabhängig ob mit oder ohne Schiebehilfe, gelten dieselben Vorgaben wie für „normale“ Fahrräder. So besteht sowohl innerorts die Pflicht der Radwegnutzung als auch außerorts beim blauen Radweg-Schild bzw. beim Rad-/Gehweg-Schild.
Das E-Mofa darf Radwege außerorts immer benutzen, innerorts nur bei dem Zusatzschild „Mofa frei“. Für das S-Pedelec gelten nach der derzeitigen Zulassungpraxis die gleichen Regeln. Hier besteht wegen der neuen Interpretation des Bundesverkehrsministeriums als Kleinkraftrad aber Rechtsunsicherheit. Folgt man dieser Interpretation, darf man mit dem S-Pedelec keinen Radweg benutzen und muss auf der Straße fahren.
Für z.B. Kinderanhänger gelten bei Pedelecs die gleichen Vorgaben wie für Fahrräder, meint Natascha Grieffenhagen vom Anhängerspezialisten Croozer: „Kinderanhänger dürfen an Pedelecs mit oder ohne Schiebehilfe angehängt werden, da auch hier die Ausnahmereglungen für Fahrräder gilt“.
Anders sieht es allerdings bei E-Mofas und S-Pedelecs aus. Hier dürfen nur Transportanhänger angehängt werden solang die verwendete Anhängerkupplung die bei Kraftfahrzeugen notwendige ABE (Allgemeine Betriebserlaubnis) besitzen. Allerdings gibt es zurzeit aber faktisch keinen Fahrradanhänger mit solcher Zulassung.
Versicherung
Da Pedelecs wie Fahrräder behandelt werden ist keine gesonderte Versicherung vorgeschrieben. Ob bzw. inwiefern ein Diebstahlschutz besteht, muss mit der jeweiligen Hausrat- oder Fahrradversicherung im Einzelfall geklärt werden.
Für das E-Mofa und auch für das S-Pedelec ist eine Haftpflichtversicherung (kleines Nummernschild) erforderlich, die aber um einen Diebstahlschutz erweitert werden kann. Einen guten Tipp hierzu hat Kurt Schär vom schweizerischen E-Bike-Hersteller Flyer: „Wer für rund 100 Euro ein Versicherungskennzeichen mit Kaskoschutz erwirbt, kann gegen einen kleinen Aufpreis das Pedelec auch gegen Diebstahl versichern. Dies ist eine sehr kostengünstige Diebstahlversicherung“.
Gesetze und Verordnungen
Für die rechtliche Einordnung der E-Bikes ist die EU-Richtlinie 2002/24/EG entscheidend. „In Deutschland kommen die Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG), der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) hinzu. Außerdem kommt die Leichtmofa-Ausnahmeregelung zur Anwendung“, weiß Peter Horsch vom Hersteller Riese und Müller.
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