Dem geneigten MTBler mag aufgefallen sein, das so ein Geländefahrrad auf Dauer die Tendenz hat, seine Umgebung ungeschickterweise in und auf seinem Geröhr zu verteilen und das diese Zustandsänderung dummerweise von selbst abläuft. Nur wie ist das ganze reversibel einzustellen?
Im Grund ist es einfach: Physikalisch lässt sich das System als inkohärentes Mehrphasensystem mit differenter chemischer Strukturierung beschreiben, dass…ach was soll der Quatsch, hier ein paar Dinge die man bei der Entdreckung eines Fahrrades (speziell Full Suspensions) nach einer Schlammfahrt beachte sollte.
1. Die Kette:
Es ist ein leidges Thema. Zugegeben, für Ölfinger inklusive des Raffinerieparfums an den Pranken wird man die Freundin nicht so recht begeistern können, außerdem versaut es die Kleidung, die Wohnung und den Volumeknopf der Stereoanlage, die man beim Schrauben ja so gern laufen lässt…
Anders: so richtig Spaß hat man dabei nicht, aber es gibt Abhilfe. Die Industie hat deswegen(mehr oder weniger) elegante Möglichkeiten entwickelt, den Antrieb sauber zu halten ohne gleich die den ganzen Schmodder über sich selbst zu verteilen:
Kettenbürsten:
Die Funktionsweise ist einfach, aber wirksam. Das Reinigungsmittel (das übrigens tunlichst nicht in die Umwelt gehört!) wird auf die Kette aufgetragen, löst den Schmutz und wird dann mittels der Bürste gemeinsam wieder abgetragen. Wenn man sich ungeschickt anstellt besteht aber die Gefahr einer riesen Schweinerei.
In der Regel zwar etwas teurer, dafür aber deutlich komfortabler:
Kettenreinigungsgeräte:
Diese bestehen meistens aus einem Kunststoffkasten, in dem ein Bürstensystem die Kette mittels eines Reinigungsfluids von Dreck befreit und einem Abstreifersystem, dass wiederum das Reinigungsfluid entfernt, das sich ansonsten auf dem Boden verteilen würde.
Das funktioniert erfahrungsgemäß bei keinem der Geräte wirklich vollständig (also nicht denken, man könnte das damit auf dem Seidenteppich im Wohnzimmer machen um dabei die Glotze laufen lassen zu können), aber die Finger bleiben damit ganz gut sauber.
Den Inhalt des Reinigungsgerätes sollte man in eine Ölwanne geben (nicht in den Ausguss schütten!) und bei der Sammelstelle abgeben.
An die Nörgler: An Fahrrädern gibt es keine gedichtete Kette, wie man sie bei Motorrädern findet, bei der Schmierung nach der Reinigung dahin wäre. Mit einem kriechfähigen Öl (da gibt es genug Sprühöle, die das erfüllen) dringt die Schmierung auch wieder vollständig ein.
2. Das Ritzelpaket:
Am ersten Tag noch coole Blingblingoptik, wird die ganze Geschichte irgendwann schwarz und klebrig wie Pech. Muss nicht sein, geht ganz leicht wieder weg.
Man nehme sich einen alten Lappen (ggf. mit Lösungsmittel beaufschlagen) und falte ihn so zurecht, dass er zwischen die einzelnen Ritzel passt, aber schon etwas komprimiert wird. So kann man die Rückstände zwischen den Ritzeln einfach entfernen.
3. Die Kettenblätter und Röllchen:
Oft bleibt an den Kettenblättern und den Röllchen eine beachtlich dicke Schicht der gleichen Pampe wie auf dem Ritzelpaket zurück, diese lässt sich hier recht einfach mit einem spitzen Gegenstand (etwa einer Haarnadel, die man sich aus der Schmuckkiste stibitzt) entfernen.
Das ganze tendiert dazu auf den Boden zu fallen, also schlauerweise einen großen Lappen unterlegen, sonst gibt das beim Versuch die Krümel im Nachhinein aufzukehren schwarze Striche.
Wer sich motivieren muss, den Antrieb regelmäßig sauber zu machen:
- es sieht besser aus, alles glänzt jedes Mal wie neu (gut vor der Eisdiele)
- es reduziert den Verschleiß
- beim Reinigen stellt man Mängel am Antrieb fest (20km von zuhause weg macht sich eine gerissene Kette nicht so toll)
- Der Antrieb pappt nicht zu und bleibt leichtgängig und leise
4. Der Rahmen:
Eins Vorweg: Abkärchern kann man einen LKW, aber kein Fahrrad. Es gibt zig Spalte, die so unzureichend gedichtet sind, dass man sich entweder den Rahmen mit Wasser befüllt oder sich irgendwelche Lagerungen zerballert.
Besonders bei Fullsuspensions muss man mit den Lagern oft sehr aufpassen.
Selbst mit einem Gartenschlauch (der kaum mehr als 10 bar schafft, ein HDR macht locker mal eben 100bar und mehr) habe ich es trotz größter Vorsicht schon fertig gebracht damit Hinterbaulager zu versauen.
Eine sehr viel bessere (und dazu sogar effektivere) Möglichkeit der Grobreinigung sind KFZ Reinigungsbürsten. Die meisten Ecken erreicht man damit, und all das was nicht weggeht, bekommt man leicht mit einer alten Zahnbürste unter laufendem Wasser ab. So besteht die Gefahr eines Wasserschadens praktisch nicht mehr.
5. Die Federelemente:
Gleiches wie beim Rahmen gilt bezogen auf mit Wasser arbeitende Gerätschaften auch bei Federelementen. Niemals einen Wasserstrahl (wenn man das schon machen muss) direkt auf Dichtungen halten, damit zerstört man sich das gute Stück schneller als man glauben mag.
Abgesehen davon bedürfen die Federgabel und der Dämpfer (oh Wunder!) zunächst keiner besonderen Pflege. Die Dichtung dieser Systeme geschieht normalerweise über Radialwellendichtringe, damit sind die Systeme bauartbedingt nicht 100%ig dicht und schmieren sich deshalb immer selbst, solange Öl da ist.
Warum das so wichtig ist:
Die ganze Aussenschmierungsgeschichten an den Federelementen (wie Öl unter die Dichtungen spritzen oder Sprühöl drauf) bringen ungefähr nichts (bis auf ausgeleierte Spannfedern der Dichtungen), die eigentliche Show geht im Inneren ab.
Wer Physik hatte, wird vielleicht noch wissen, dass Reibung dann groß wird, wenn auch die Auflagerkräfte groß sind.
Also hat man die größte Reibung im Inneren der Gabeln zu erwarten, die Dichtungen sind da geschenkt. Wer also glaubt, er könnte eine schlecht laufende Gabel durch Aussenschmierung fit bekommen, der Irrt.
An trockenen Dichtungen liegt es in 99% der Fälle nicht und wenn die Dichtungen trocken sind, dann ist es das Innere schon längst.
Ist das einmal der Fall, dann hat man in kürzester Zeit die Beschichtung der Standrohre und Buchsen wegerodiert.
Das führt dann immer zu einem schlechteren Verhalten der Gabel und zu einem erhöhten Verschleiß (weil das oft verwendete TiN (golden), eine Keramik, sehr abriebfest ist im Vergleich zum Trägermaterial Aluminium).
Mit anderen Worten: Ist das Ding Blank gerieben, ist es praktisch zerstört. Nachnitrieren kostet in der Größenordnung so manch neuer Gabel, dazu kommt noch der ganze Aufwand.
Darum sollte man als Vielfahrer (drei Mal die Woche länger als 3h im Gelände) erfahrungsgemäß mindestens jedes halbe Jahr die Gabel servicen, den Dämpfer etwa jedes ganze.
Der nämlich hat aufgrund weniger Hubs und Durchmessers eine kleinere Kolbenfläche und verliert damit weniger Öl.
Ausserdem ist der Dreckbeschuss oft kleiner, weil die Dämpfer normalerweise in Rahmen liegend gut geschützt sind.
Die Pflege der Federelemente kann also ruhigen Gewissens darauf beschränkt werden, sie mit einem trockenen Lappen von Staub zu befreien, dafür aber regelmäßig vollständig zu warten.
Wer sich das nicht selbst zutraut: Der Schrauber aus dem Freundeskreis macht einem das bestimmt für nen Kasten Bier, ansonsten bieten genug Fachwerkstätten den Service an (der leider teilweise sehr teuer ist).
6. Sattelstütze:
Bei häufigen Schlammausfahrten kommt es insbesondere bei Rahmen mit hinten liegendem Klemmschlitz ungeschickterweise zu einem erheblichen Fremdstoffeintrag in das Sitzrohr.
Bei Fahrern, die die Höhe der Sattelstütze nicht verstellen, mag das keine Rolle spielen, aber bei vielen Fahrern, die auch Abfahrtsorientiert unterwegs sind kann ein verschmutztes Sitzrohr ärgern.
Oft werden Klemmung und die Bewegung der Stütze im Rohr schwergängig oder es treten Knirschgeräusche während der Fahrt auf, allesamt nervige Dinge.
Abhilfe kann dadurch geschaffen werden, dass der Schmutz mit einem Lappen, der um einen Stab gewickelt wird, aus dem Sitzrohr ausgetragen wird (so ähnlich wie man auch einen Pistolenlauf reinigen würde, kennt man ja vom Bund).
Daraufhin sollte man neu Fetten oder Montagepaste reinschmieren. Bei schwergängigen Sattelklemmen hilft oft auch das Säubern mit Sprühreiniger und das Anbringen von recht zähflüssigem Fett zur Schmierung.
Nun sollte das Rad wieder einigermaßen Tauglich für die kommenden Ausfahrten sein.
Ich hoffe, es hat dem Leser in irgendeiner Hinsicht genützt, den Artikel zu lesen und möchte mit einer Bedankung für die entgegengebrachte Aufmerksamkeit schließen.
Der Autor