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Der Frühling steht vor der Tür – Zeit für einen Trainingsplan

Heute gibt es den ersten Gastbeitrag hier auf unserem Blog.
Es freut uns sehr, dass wir gerade für diesen Fahrradartikel eine weibliche Autorin finden konnten, die sich auch dem Mountainbiken widmet.
Nun aber wollen wir euch nicht länger auf die Folter spannen und euch den ersten Gastartikel von Iris Ohlig von „Die Bergziegen“ präsentieren.

Der Frühling steht vor der Tür – Zeit für einen Trainingsplan

Wer im kommenden Frühling nicht gleich am ersten Hügel in Atemnot geraten will, sollte den restlichen Winter nicht nur auf dem Sofa zubringen.

Wer ambitioniert ist und Wettkampfziele hat oder wer einen Alpencross oder eine anspruchsvolle Mehrtagestour für das nächste Jahr geplant hat, der tut gut daran schon jetzt systematisch zu trainieren, damit das schöne Ziel nicht zum Frusterlebnis wird.

Doch wie geht das? Was, wann und vor allem wie viel soll ich trainieren? Fragen über Fragen.
Eine systematische Trainingsplanung lässt sich nicht so einfach aus dem Handgelenk schütteln sondern bedarf sorgfältiger Überlegungen.

1. Was ist mein Ziel?

Was willst Du im nächsten Jahr erreichen? Möchtest Du eine Alpenüberquerung machen, an Marathons teilnehmen oder einfach fit für schöne Ausfahrten am Wochenende wer-den? Die Definition des Ziels/der Ziele ist die Grundlage für Deinen Trainingsplan. Wo kein Ziel, da kein Start. Studien haben gezeigt, dass eindeutig definierte Ziele die Fähigkeiten von Sportlern steigern, diese tatsächlich zu erreichen. Bei der Definition Deines Ziels gelten 4 Prinzipien:

  • Überprüfbarkeit
  • Beeinflussbarkeit
  • Herausforderung
  • Positive Formulierung

2. Definiere Deine Trainingsvorgaben

Welches sind Deine Stärken und welches sind Deine Schwächen? Was könnte Dich davon abhalten, erfolgreich zu sein? Auf welchen Aspekt Deiner Leistungsfähigkeit musst Du Dich bei der Trainingsarbeit konzentrieren?

Um diese wichtigen Fragen zu klären empfiehlt es sich, eine professionelle Leistungsdiagnostik vorzunehmen.

Bei einer professionellen Leistungsdiagnostik werden die maximale Sauerstoffaufnahme, die maximale Herzfrequenz sowie die Laktatleistungskurve zur Bestimmung der Ausdau-erleistung herangezogen. Entgegen landläufiger Meinungen und schlauer Ratgeber in Radsportzeitschriften gibt es nämlich keine allgemeingültigen Formeln, mit denen man seine Trainingsbereiche ermitteln kann.

Die Trainingsbereiche bezeichnen bestimmte Herzfrequenzbereiche und Du brauchst sie später, um Deinen Trainingsplan mit Inhalten zu füllen.

Die Reaktionen von Herz, Kreislauf, Atmung und Stoffwechsel können quantitativ und qualitativ erfasst werden. Aus diesen Daten werden die Trainingsbereiche, die nur für Dich gelten, bestimmt.

Die Trainingsbereiche sind:

  • Regeneration (50-60% max. Herzfrequenz HF)
  • Grundlage 1 (60-70% max. HF)
  • Grundlage 2 (70-80% max. HF)
  • Kraftausdauer (70-85% max. HF)
  • Entwicklung (80-90% max. HF)
  • Spitzenbereich (90-98 % max. HF)

3. Bestimme die Dir zur Verfügung stehende Zeit

Die Definition des Umfangs, den Du mit Radfahren, im Kraftraum und mit ergänzenden Sportarten verbringen möchtest und kannst, ist von erheblicher Bedeutung für die Gestaltung Deines Trainingsplans. Bitte überlege sehr kritisch, wie viel Zeit Du aufbringen kannst. Bist Du in der Lage, neben Beruf und Familie in der Woche noch mehrere Stunden mit dem Sport zu verbringen? Schaffst Du es auf 5 Stunden oder gar auf 10 Stunden und mehr? Bleibe dabei realistisch, denn ein Trainingsplan, den Du nicht einhalten kannst, bringt nichts und frustriert bloß.

4. Gib Deinen Zielen Prioritäten

Bereits bei den Trainingsvorgaben hast Du Dir Deine Ziele noch einmal angeschaut, denn je nach Ziel sind unterschiedliche Fähigkeiten zu trainieren. Falls Du nun mehrere Ziele hast, die unterschiedliche Fähigkeiten erfordern, zum Beispiel eine Alpenüberquerung und die Teilnahme an einem kurzen Rennen, dann musst Du nun Prioritäten setzen. Wenn Dir Deine Alpenüberquerung wichtiger ist als das Rennen, dann gib ihr die höhere Priorität. Dann kannst Du das Rennen, falls es terminlich davor liegt, als verschärftes Training betrachten aber Deinen Trainingsschwerpunkt auf Kraftausdauer und Ausdauer legen. Alles auf einmal mit gleicher Intensität trainieren zu wollen, würde Dich überfordern.

5. Unterteile Dein Jahr in Trainingsphasen

Wenn nun feststeht, zu welcher Zeit im Jahr (Ziel mit der höchsten Priorität) Du in bester Form sein möchtest, kannst Du Deine Trainingsphasen bestimmen.

Das Trainingsjahr kann man in Anlehnung an Friel (2009) in folgende Phasen einteilen:

  • Übergang (Regeneration nach absolviertem Wettkampf/Ereignis: 1-6 Wochen)
  • Vorbereitung (Einstimmung auf das kommende Training, Ausdauergrundlagen: 3-4 Wochen)
  • Grundlagen (Aufbau der Ausdauer und Kraftausdauer, Schnelligkeits- und Kraft-grundlagen: 8-12 Wochen)
  • Aufbau (Steigerung der Intensität, Arbeit an persönlichen Schwächen: 6-8 Wochen)
  • Höchstleistung (Festigung der guten Form, evtl. kleinere Rennen: 1-2 Wochen)
  • Wettkampf / Ereignis (Erreichen des Ziels)

Nimm einen Jahreskalender, der in die einzelnen Wochen eingeteilt ist, und trage ausge-hend von Deinem Ziel mit der höchsten Priorität nun zu diesem Datum „Wettkampf / Ereignis“ ein. Dann gehe rückwärts und trage zuvor 1-2 Wochen „Höchstleistung“ ein, anschließend zählst Du entsprechend der obigen Angaben weiter rückwärts, bist Du alle Phasen eingetragen hast.

Nun hast Du die Trainingswochen definiert.

6. Bestimme die Wochentrainingsstunden

Die wöchentlichen Trainingsumfänge verlaufen über die Saison hinweg wellenförmig. Du steigerst über drei Wochen den Umfang und reduzierst in der vierten Woche, dann steigerst Du wieder über drei Wochen den Umfang und reduzierst in der vierten Woche usw. Dadurch beugst Du einem Übertraining vor und zwingst Deinen Körper, sich immer wieder anzupassen und dadurch insgesamt leistungsfähiger zu werden.

Die maximal mögliche Wochenstundenzahl hast Du Dir ja bereits überlegt.

Hier ein Beispiel für jemanden mit einer maximalen möglichen Wochenstundenzahl von 10 -11 Stunden (Quelle: Friel, 2009):

  • Vorbereitung: 5-6 Std./Wo
  • Grundlage 1: 1. Wo-7 Std./2. Wo-8,5 Std./3. Wo-9,5 Std./4. Wo-5 Std.
  • Grundlage 2: 1. Wo-7,5 Std./2. Wo-9 Std./3. Wo-10 Std./4. Wo-5 Std.
  • Grundlage 3: 1. Wo-8 Std./2. Wo- 9,5 Std./3. Wo-10,5 Std./4. Wo- 5 Std.
  • Aufbau 1: 1. Wo-9 Std./2. Wo-9 Std./3. Wo-9 Std./4. Wo-5 Std.
  • Aufbau 2: 1. Wo-8,5 Std./2.Wo-8,5 Std./3. Wo-8,5 Std./4. Wo-5 Std.
  • Höchstleistung: 1. Wo-7,5 Std/2. Wo-6 Std.
  • Wettkampf/Ereigniswoche: 5 Std. bis zum Ereignis

Wenn Du nun die Wochenstunden festgelegt hast, dann steht der Rahmentrainingsplan.

7. Umsetzung des Rahmenplans in einzelne Workouts

In Abstimmung mit Deinem geschäftlichen und privaten Terminkalender machst Du Dich dann am besten Woche für Woche daran, Deinen Trainingsplan mit einzelnen Workouts zu füllen. Was genau mache ich wann?

Die Vorbereitungsphase dient der Ausdauer (Trainingsbereich Grundlage 1). Du kannst als Abwechslung zum Radtraining auch Laufen, Walken oder Schwimmen oder im Fitnessstudio auf dem Indoorrad fahren.

In der Grundlagenphase 1 wird ebenfalls schwerpunktmäßig die Grundlagenausdauer trainiert und Du solltest von den Ausgleichssportarten langsam aufs Rad oder Indoorrad/Rolle überwechseln. Du bewegst Dich dabei schwerpunktmäßig im Herzfrequenzbereich Grundlage 1.

In den Wochen der Grundlage 2 steigerst Du das Training um Einheiten zur Kraft, Schnelligkeit und Kraftausdauer, während sich das Grundlagentraining im Herzfrequenzbereich Grundlage1 und Grundlage2 bewegt. Beachte nun auch Deine Schwächen, die Du trainieren willst bzw. die Fähigkeiten, die Du zur Erreichung Deiner Ziele brauchst.

In der Phase Grundlage 3 trainierst Du wie in Phase Grundlage 2, erhöhst aber die Trainingsumfänge.

Für jede Woche in der Aufbauphase 1 planst Du Ausdauer und Krafteinheiten ein und trainierst gezielt an Deinen Schwächen. (Trainingsbereiche Grundlage 2 und Kraftausdauer)

In der Aufbauphase 2 erweiterst Du Aufbauphase1 um Krafteinheiten und anaerobe Ausdauer. (zusätzl. Trainingsbereiche Entwicklung und Spitzenbereich)

In der Höchstleistungsphase erhältst Du die Dir erworbene Fitness und trainierst im Schwerpunkt Kraftausdauer und Deine größte Schwäche.

Dann bist Du fit für Deinen Wettkampf oder Dein besonderes Ereignis (z.B. Alpenüberquerung).

Danach Regenerationszeit nicht vergessen!

Fazit:

Die Erstellung eines Trainingsplans ist eine echte Kunst und bedarf vieler Überlegungen. Ein sachgerechter Trainingsplan ist immer individuell und nie übertragbar. Trainings-pläne aus Radsport-Magazinen sind mit großer Vorsicht zu genießen. Was für den einen reizlos ist, kann für den nächsten schon zum Übertraining führen. Deshalb plane immer sehr sorgfältig nach Deinen eigenen Möglichkeiten.
Selbstverständlich helfen wir Dir gern bei der Erstellung Deines individuellen Trainingsplans und der Konkretisierung der einzelnen Workouts. (www.die-bergziegen.de)
Wir unterstützen Dich bei Fragen wie: wann ist eine Intervalltrainingseinheit sinnvoll, wann gezieltes Krafttraining etc.

Wer sich selbst näher mit diesem Thema auseinandersetzen möchte, dem sei die folgende Literatur empfohlen: Friel, Joe (2009). Die Trainingsbibel für Radsportler. Bielefeld: Covadonga Verlag

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Über den Autor

Rund ums Rad | Outdoortest-Team

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