Jeder Radfahrer kennt sicherlich die Situation, dass man sich während der Fahrt von hinten Fußgängern nähert. Um sich bemerkbar zu machen wird in solchen Fällen meistens die Fahrradklingel benutzt.
Aber nun beschreibe ich das Phänomen des Verhaltens der Fußpilger beim Hören einer Fahrradklingel.
Meine auf deutschem Boden gemachten Erfahrungen sind aber bis auf wenige Ausnahmen mit denen in Spanien identisch.
Ich nähere mich zwei Männern, die nebeneinander laufend meine Klingel hören. Die beiden Männer einigen sich unabgesprochen und gehen hintereinander am rechten Wegrand.
Männergruppen, die aus mehr als vier Personen bestehen, schauen sich kurz um, um zu sehen wie viele Radfahrer kommen, entscheiden sich dann entweder alle rechts zu laufen, oder eine Gasse zu bilden.
Nun komme ich zu den Paaren und Personengruppen unterschiedlichen Geschlechts.
Grundsätzlich laufen Männer meistens rechts, die Frau links neben dem Mann.
Erhört das Paar meine Fahrradklingel trennt sich das lose laufende Paar, indem er nach rechts und sie nach links ausweicht.
Er läuft weiter und sie bleibt stehen und schaut mir entgegen.
Die Paare, die Hand in Hand laufen, reagieren ähnlich.
Der Unterschied ist, dass sie ihre Hände erst im letzten Augenblick lösen.
Jeder versucht den Partner auf „seine Seite“ zu ziehen.
Zu spät, da ich meist schon zum Anhalten und Absteigen gezwungen bin.
Wenn ich mich einer Gruppe von mehreren Frauen und Männern nähere, etwa vier bis acht Personen, ist höchste Vorsicht geboten.
Teilweise wird das Geräusch der Fahrradklingel nicht von Jedem gehört. Nach einem zweiten Klingeln bleiben einige Frauen auf der Stelle stehen und drehen sich in Richtung des Klingeltons. Erschreckte Gesichter schauen mich an.
Was mag in den Gedanken dieser Frauen vorgehen? Hallo?
Eine Fahrradklingel ist doch am Geräusch als eine solche erkennbar. Warum bleibt man erstarrt stehen, als käme dort ein LKW, ein ICE oder ein Alien angerast?
Ähnliches erlebe ich, wenn ich auf eine Gruppe von Frauen treffe, aber hier spitzt sich die Situation noch zu.
Einige Frauen laufen nach links oder rechts, einige bleiben stehen und schauen sich um, andere wiederum täuschen den Weg nach rechts an, um dann doch nach links zu gehen.
Man kann sich in einer solchen Situation einfach auf nichts verlassen.
Auf meinen Radtouren in meiner Heimat, in der meist viel weniger Fußgänger unterwegs sind, habe ich solche gefährliche Situationen bisher nur mit Hunden erlebt, die plötzlich und unberechenbar die Richtung wechseln.
Erst später nachdem ich einige Pilger/innen nach diesem Phänomen befragte wurde mir einiges klarer.
Bei Regen, und aufgesetzter Kapuze ist eine Fahrradklingel nicht hörbar, ebenso in einer größeren Pilgergruppe.
Pilger stecken in einem gedanklich sehr intensiven Gespräch, und nehmen andere Geräusche schlechter wahr. Hinzu kommen die unsicheren Verhaltensweisen der Pilger, die aus den Bereichen des Linksverkehrs kommen (z. Bsp. Großbritannien, Australien), über dessen Sorgen ich mir bisher keine Gedanken machte.
Nach Schilderung der Fußpilger ist es auch häufig zu negativen Erlebnissen mit Moutain-Bike-Fahrern gekommen, die auf unwegsamen Bergabpassagen des Original-Caminos auf gefährliche Art und Weise auf Pilger zurasen.
Die Pilger können kaum ausweichen, da nur ein steiler Trampelpfad zur Verfügung steht.
Ich als Radpilger habe eben auf solche engen und gefährlichen Passagen des Original-Caminos verzichtet, und habe den Rat meines Reiseführers befolgt.
Ich muss leider bestätigen, dass auch ich mehrfach mit rücksichtslos fahrenden Mountain-Bike-Fahrern in Berührung gekommen bin.
Somit kann ich die Verunsicherung der Pilger insgesamt verstehen.
Zum noch besseren Gelingen einer solchen Reise, kann ich nur alle Beteiligten um gegenseitige Rücksichtnahme zu bitten.