Allgemein People

Interview mit Steffi Hasselbeck

Vor kurzem sind wir im Netz über den Begriff „TransFAIRalp“ gestolpert und haben uns zunächst gefragt, was ist dass denn?
Nach genauerer Recherche konnten wir dahinter dann ein sehr interessantes Projekt entdecken, welches wir euch nicht vorenthalten wollen.
Da wir dies aber nicht selber erklären wollen, haben wir kurzerhand Steffi Hasselbeck zum Interview gebeten.
Also, dann mal viel Spaß beim Lesen.

Stell dich doch bitte kurz den Lesern vor
Hi, ich bin Steffi Hasselbeck (40 Jahre), komm ursprünglich aus der Nähe von München und leb seit knapp 8 Jahren im wunderschönen Westallgäu, wo ich als Sport- und Englischlehrerin am Gymnasium arbeite.

Einige der Leser kennen die TransFAIRAlp nicht (so wie wir am Anfang). Erklär doch mal um was es da genau geht. Wie ist diese Idee entstanden und durch wen?
logo-transfairalpDie TransFAIRAlp war ein länderübergreifendes Projekt, das vom Österreichischen Alpenverein anlässlich seines 150-jährigen Jubiläums initiiert wurde. Dabei sollte ein Gemeinschaftsprojekt mit dem JDAV (Alpenvereinsjugend Deutschland) und dem AVS (Alpenverein Südtirol) organisiert werden.
Da das Thema Mountainbiken auch im Alpenverein eine immer größere wenngleich auch umstrittene Rolle spielt, entstand der Gedanke, Jugendleiter der drei Länder zusammen auf die Reise zu schicken, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und neue Erfahrungswerte zu sammeln. Aus jedem Land konnten sich Jugendleiter für dieses Projekt bewerben und letztendlich bestand das Team aus vier Südtirolern mit ihrem Teamleiter Peter Braito, vier Österreichern mit Teamleiter Alex Stiefsohn sowie drei Deutschen mit mir als Teamleiterin.
transfairalp-1
Ziel war es, dass die Jugendleiter die Alpenüberquerung selbständig planen und in Zweierteams für die Führung und Ausarbeitung einer Etappe verantwortlich waren.
Auf einem Vorbereitungsworkshop in Hindelang konnten wir (die Teamer) die Teilnehmer kennenlernen und gemeinsam planen. Dabei standen zunächst Kennenlernspiele und Teamfähigkeitsaufgaben auf dem Programm. Die nächsten beiden Tage beschäftigten wir uns mit Kartenkunde und GPS, Fahrradmechanik und Bikefahrtechnik und die Zweierteams konnten ihre Etappen ausarbeiten.
Dabei kam es nicht nur darauf an, eine schöne Route auszuwählen, sondern natürlich auch den Sicherheitsaspekt und die Gruppendynamik zu beachten.
Weiterer wichtiger Schwerpunkt war, zu sehen, was man auf den Etappen so alles erfahren kann. So wurden auch ökologische, ökonomische und soziale Themen in den Fokus gerückt. Es war zum Teil sehr interessant zu sehen, wie Skigebiete, wie z.B. in Ischgl im Sommer verkargt sind, jetzt aber durch den Biketourismus belebt werden, oder wie sich die Lawinenverbauungen in Galtür, nach dem dramatischen Unglück 1999, verstärkt haben und das Landschaftsbild prägen.
Auch geschichtliche Informationen haben die Teilnehmer recherchiert, wie zum Beispiel die dramatische Flutung zweier Dörfer am Reschensees 1949/50 mit einigen Hintergrundinformationen zur Situation des Vinschgaus im zweiten Weltkrieg.
Im Ultental erfuhren wir etwas über die Abwanderung vieler Bauern und die jetzige staatliche Förderung.
Und natürlich interessierten uns die abwechslungsreichen Landschaften, wie z.B. die Uinaschlucht, die imposanten Berge der Brentagruppe oder die Obstplantagen im Vinschgau.
Es ging also nicht darum, wer am schnellsten am Ziel ist und so viele Höhenmeter wie möglich in kürzester Zeit zu schaffen, sondern die Zeit auf dem Rad und in der Gruppe bewusst zu erleben und so viele Eindrücke wie möglich mitzunehmen.

Kann man eure Tour irgendwo als Karte oder .gpx-File erhalten?
Ich selber hab keine gpx Daten, es war allerdings eine ziemlich klassische Route und die Route war wie folgt:
Startpunkt Bad Hindelang über Oberstdorf und den Schrofenpass, Warth, Lech, Zürs und Arlbergpass nach St. Anton (1. Stop) über das Schönverwalltal und die Heilbronner Hütte nach-runter nach Galtür und weiter nach Ischgl (2. Stop) nach einem halben Tag Bikepark und Liftbenutzung über den Zeblastral zur Heidelberger Hütte (3. Stop), über den Fimbapass runter nach Ramosch und Sur En und durch die Uinaschlucht zu Sesvennahütte (4. Stop) runter ins Vinschgau und von Latsch bzw Morter aus zur Tarscher Alm (5. Stop) über den Tarscher Pass ins Ultental und über das Rabbijoch und die Haselgruberhütte runter nach Rabbi (6. Stop) über Madonna di Campiglio rauf zum Rifugio Graffer (6. Stop) und von dort über Trails, Schotterwege und Straße nach Arco (Ziel).
Vielleicht reicht des ja, denn Tracks dazu sind eigentlich im Netz zu finden.
transfairalp-3

Was war aus deiner Sicht das interessanteste Thema?
Nachdem die Themen und Gegenden so unterschiedlich und abwechslungsreich waren, kann man gar nicht genau sagen, was das Interessanteste war.

Wo war es für dich am schönsten auf der Tour?
Am Schönsten für mich waren die tollen Trails, wie z.B. der Zeblastrail in Ischgl, der Trail runter vom Fimbapass, durch die Uinaschlucht zur Sesvennahütte, die Abfahrt vom Rabbijoch oder die vom Rifugio Graffer.
Auch die Übernachtungen auf den Hütten, das leckere Essen dort und die oftmals tolle Abendstimmung und das Wahnsinns Panorama waren super.

transfairalp-4Was war die lustigste Begebenheit auf der TransFAIRAlp?
Am Lustigsten waren einfach die Leute der Gruppe. Obwohl wir uns vorher nicht kannten haben wir uns alle super verstanden und hatten viel Spaß, viel Blödsinn gemacht, wie z.B. Interviews mit Plastiksteinböcken oder Murmeltieren, und hatten sehr gesellige Abende.

Was macht nachhaltiges Mountainbiken aus eurer/deiner Sicht aus?
Im Fokus des Projekts stand natürlich immer die Nachhaltigkeit des Mountainbikens. Dies erfordert besondere Rücksichtnahme besonders auf die Natur. Das heißt, man soll auf den befestigten Wegen bleiben, keine unnötigen Bremsspuren in die Erde graben, seinen Müll mitnehmen und auch sonstige Umweltverschmutzung durch Kettenöle etc. vermeiden.
Auch die Tierwelt sollte natürlich respektiert werden und man sollte zum Beispiel nicht wild durch eine Kuhherde durchfahren. Idealerweise sollte man auf Touren natürlich direkt mit dem Bike anreisen oder öffentliche Verkehrsmittel verwenden und auf das Auto verzichten. Neben Flora und Fauna sind aber auch die Wanderer zu berücksichtige.

Leider wird ja ständig über die Streitereien zwischen Mountainbikern und Wanderern erzählt. Wie sind da deine/eure Erfahrungen und wie sollen sich die Biker und die Wanderer gegenüber verhalten?
Unsere Gruppe hatte keinerlei Probleme mit Wanderern, aber wir waren ja auch immer freundlich und rücksichtsvoll. In Interviews haben wir aber auch überwiegend positives Feedback bekommen und viele fanden es eher bewundernswert, dass man solch Strapazen mit dem Rad auf sich nimmt. Fast alle meinten, sie hätten auch noch nie wirklich Probleme mit Bikern gehabt.
Da hört man natürlich auch andere Stimmen und manche Leute sind sehr uneinsichtig und grundsätzlich gegen alles Neue (wobei von neu kann ja mittlerweile nicht mehr gesprochen werden). Aber wenn man offen auf die Leute zugeht und ihnen auch zeigt, dass man auch ihre Anliegen respektiert, gibt es keine Probleme. Das heißt, dass man Wanderer nicht einschüchtern soll, entsprechend langsam fahren, sich bemerkbar machen und auch mal absteigen wenn es eng wird, und natürlich immer freundlich grüßen.

Das einzige was etwas Angst einflössend für viele ist, sind extreme Downhiller, die mit Fullface Helm an den Wanderern vorbeirasen, was auch irgendwie verständlich ist. Aber zum Glück gibt es ja auch immer mehr ausgewiesene Strecken und Bikeparks, wo auch die Freerider und Downhiller uneingeschränkt auf ihre Kosten kommen.
transfairalp-6
Apropos Downhill. Wie bist Du eigentlich vom wilden Downhill zur TransFAIRAlp gekommen?
Ich hab früher eigentlich direkt mit Downhill zum Biken angefangen. Erst nachdem ich meine „Karriere“ 1999 beendet hatte, hab ich mich auch langsam für den Tourenbereich interessiert. Dieses Interesse wurde seit ich hier im Allgäu bin nur noch verstärkt, weil es einfach toll ist, von der Haustür aus Touren zu starten. Und auf Touren kommen neben dem Fahrspaß eben auch noch der Fitnessaspekt, der soziale Aspekt und das Naturerlebnis dazu.
Von meiner Begeisterung inspiriert leite ich seit 7 Jahren hier am Gymnasium Lindenberg eine Mountainbike AG und gehe regelmäßig auf Wettkämpfe mit meinen Schülern.
Vor 3 Jahren hab ich dann die Ausbildung zum Fachübungsleiter Mountainbiken beim DAV gemacht, für den ich jetzt auch Fahrtechnikkurse und Touren durchführe.
Ich fahr immer noch leidenschaftlich gern bergab und bin auch des Öfteren in Bikeparks oder beim Shuttlen in Finale Ligure, am Gardasee, in Bozen oder im Vinschgau unterwegs. Super find ich auch eine Kombination von selber bergauf treten und Spaß bergab haben, wie letztes Jahr auf einer Mehrtagestour durchs Piemont mit ca. 1600hm pro Tag aber auch Liftbenutzung und dementsprechend mehr Tiefenmetern.
Zur Transfairalp kam ich durch Zufall über eine Bekannte, die wusste, dass ich die FÜL Ausbildung hab, gut biken kann und meinte, dass ich durch meine pädagogische Ausbildung als Teamerin geeignet wäre.

Wie ist es eigentlich als Frau in der Branche – leicht oder schwer?
Wenn du als Frau fit bist und ne gute Technik hast, und zum Teil sogar schneller bist als die Jungs, ist es gar net schwer und macht super viel Spaß.
Und man sieht immer mehr Mädels, die echt gut drauf sind und Lust aufs Biken haben. Das zeigt sich auch an der zunehmenden Zahl an Fahrtechnikkursen oder Tourenangeboten „for ladies only“.
transfairalp-2
Und, ist das nächste Projekt schon in Planung und falls ja, kannst du uns verraten was es wird oder in welche Richtung es geht?
Ein Projekt mit dem Alpenverein steht erst mal nicht an. Für mich zumindest nicht. Wenn man mich fragt, so etwas nochmals durchzuführen, wär ich natürlich sofort dabei 🙂
Ich hab aber vor, dieses Jahr (2014), ähnlich wie die Transfairalp, mit meinem Projektseminar Sport (das sind 5 Jungs und 9 Mädels im Alter von 16-18 Jahren) eine Alpenüberquerung durchzuführen. Die Planungen laufen auf Hochtouren und Ende Juli geht’s los.
Für mich als Sportlehrerin ist es toll, Jugendlichen so ein Projekt zu ermöglichen, das einmalige Erlebnisse bringen wird, tolle Landschaftseindrücke und natürlich die Erfahrung aus eigenen Stücken etwas Anspruchsvolles geschafft zu haben, sich mit dem Team eine Woche durch die Natur zu bewegen, an Grenzen zu kommen und diese eventuell auch zu überwinden und den Horizont zu erweitern. Und der Lehrer-Schüler Beziehung tun gemeinsame Bikeerlebnisse ausgesprochen gut. 🙂


Steffi, vielen Dank an dieser Stelle für die Darstellung und Erläuterung zum Projekt TransFAIRalp.
Wir drücken dir für deine Planungen in diesem und in den kommenden Jahren die Daumen, dass deine Projekte auch bei den Schülern genauso gut ankommen.
Gerne würden wir uns über einen Bericht darüber bei uns freuen.

Wer mehr über das Projekt erfahren möchte, der kann sich auf der Webseite des OeAV Jugend darüber informieren oder sich den nachfolgenden Film anschauen.

Über den Autor

Lefdi

Hobbybiker und derzeit unterwegs mit einem All-Mountain "No Pogo 3" von Centurion.
Gerne auch mal zu Fuß in den Bergen unterwegs um die Natur zu genießen. PayPal-Kaffeespende an den Autor

Hinterlasse einen Kommentar