Das Jahr 2012 steht beim Ghost Factory Racing Team klar im Zeichen der 5 olympischen Ringe. Die Leistungsdichte des Frauen-Teams ist international nahezu unvergleichbar. Gleich drei Fahrerinnen haben die Chance auf einen Start in London. Dazu zählen die Österreicherin Lisi Osl (Weltcupgesamtsiegerin 2009) , die schwedische Neuverpflichtung Alexandra Engen (U23 Weltmeisterin 2010) und die Schweizerin Katrin Leumann (Europameisterin 2010). Radblogs.de sprach mit Manager Tom Wickles über die Chancen der Fahrerinnen, Material und die Medientauglichkeit des XC-Sports.
Hi Tom, wie läuft euer Way2London? Katrin Leumann ist noch nicht endgültig qualifiziert aber ich denke ihr seid da zuversichtlich, oder?
Wir sind bis jetzt grundsätzlich sehr zufrieden mit unserem Way2London. Bei Lisi ist der Startplatz und natürlich auch die Selektion in Österreich schon ziemlich fix, bei den anderen beiden wird es noch spannend.
Bei Alex hängt es daran, ob Schweden einen Startplatz im Nationenranking einfahren kann, wenn ja – ist sie fix dabei. Leider hatte Alex auf Zypern im ersten Rennen gleich einen unglücklichen Sturz bei dem sie sich die Hand und das Knie verletzt hat.
Im Krankenhaus auf Zypern wurde ein Kahnbeinbruch diagnostiziert, der sich dann glücklicherweise nicht bestätigt hat aber das Knie wurde genäht und hat eine lange Trainingspause verursacht. Deshalb fehlte ihr Trainingszeit und Rennteilnahmen, beides wirkt sich negativ auf die Punkte im Nationenranking aus aber es geht wieder aufwärts wie sie beispielsweise auch mit dem Sprintsieg in Münsingen gezeigt hat. Auch die XC Rennen in Heubach und Münsingen liefen wieder besser.
Katrin muss in den nächsten beiden WC noch in die TOP 8 fahren, um die Schweizer Selektionskriterien zu erfüllen. Das hat momentan nur eine Schweizerin (Esther Süß) geschafft.
Die Schweiz hat aber 2 Startplätze. In Houffalize hatte Katrin auf Rang 6 liegend einen schweren Sturz und fiel dann auf Rang 11 zurück, die Form ist also – nach einem schwierigen Jahr – wieder da. Der Rest ist dann etwas Glück an den 2 noch anstehenden wichtigen Tagen.
Insgesamt läuft die Vorbereitung aber sehr gut, die Saisonplanung läuft natürlich extrem unterschiedlich. Lisi fokussiert sich sehr auf London und Ihre Heim WM in Saalfelden, die anderen beiden müssen sich erst qualifizieren und bauen bereits früh auf die sehr gute Form. Nachdem wir bisher immer 3 GHOST Bikes bei Olympia dabei hatten, sind wir natürlich optimistisch 😉 Die Mädels waren bei allen Testrennen und Testtagen in London dabei, wir gehen also vom Idealfall aus.
Was ist deine Meinung zur neu angelegten Olympia-Strecke in der Hadleigh Farm? Wie kommen die Mädels zurecht? Sie scheint nicht jeden Fahrer zufrieden zu stellen.
Die Strecke ist sicher polarisierend, ich muss zugeben ich war persönlich noch nicht vor Ort, habe mich aber viel mit den Videos beschäftigt.
Nach dem Testrennen wurden einige kritisierte Passagen noch einmal überarbeitet und beim letzten Training sahen die Mädels eine modifizierte Version. Jede der Damen hat individuelle Stärken, die natürlich mit einer Strecke nicht alle getroffen werden können, Lisi liebt beispielsweise Kurse wie in Heubach. Katrin und Alex kann es nicht technisch genug sein.
Dementsprechend ist der Kurs für die eine zu flach, für die andere zu künstlich. Am Ende sehen die Passagen zwar auf den ersten Blick einfach aus, sie wirklich schnell zu fahren ist aber sehr, sehr schwierig. Ich denke es wird ein spannendes Rennen.
Das Gelände ist sehr offen und man kann weit nach vorne blicken, es wird also auch taktisch interessant! Man darf gespannt sein. Die vielen Stürze beim letzten Training zeigen auch, dass alles passieren kann…
Wie lautet euer Ziel für das Olympiarennen?
Natürlich träumen alle Sportler von einer Olympiamedaille, aber alle Sportler fokussieren sich auf diesen einen Tag, alle vier Jahre. Alle sind in Topform, alle werden alles geben.
Um wirklich aufs Podest zu fahren, bedarf es vieler Faktoren: ideale Vorbereitung, ideales Umfeld, perfektes Material, viel Disziplin und das nötige Glück. Es wird spannend zu sehen wie sich die Saison weiter entwickelt und wir würden uns erst einmal darüber freuen alle 3 Damen dabei zu haben…
Du hast angesprochen, dass es perfektes Material benötigt um erfolgreich zu sein. Wie sieht dieses aus?
Wir arbeiten mit DEN TopAdressen in Sachen Leichtbau zusammen, egal ob AX Lightness, Tune oder SRAM, kombiniert mit einem Ultraleichten GHOST Carbonrahmen erreichen wir sensationelle Bikegewichte die oft weit unter den Bikes der Konkurrenz liegen.
In Realation zum Körpergewicht bringt das niedrige Bikegewicht extrem viel und wir hatten in der vergangenen Saison lediglich einen Defekt, der aber nichts mit Leichtbau sondern einfach mit Pech zu tun hatte. Der Ansatz hat sich also bewährt.
Die Mädels vom Ghost Factory Racing Team haben die Qual der Wahl zwischen 26“ Hardtail und Fully. Was sind die Vorlieben der Fahrerinnen? Für welche Strecke ist welches Bike das richtige? Was wird vermutlich in London eingesetzt?
Die Mädels wechseln je nach Kurs zwischen Fully und Hardtail hin und her. Sie haben deshalb auch identische Bikes zum Trainieren zu Hause, die Wettkampfbikes werden auch nur am Rennwochenende eingesetzt.
Je nach individueller Vorliebe kommt öfter das Fully oder Hardtail zum Einsatz, Lisi fährt fast ausschließlich Hardtail, Katrin sehr oft Fully. Alex und Mona wechseln viel hin und her.
Oft fahren von 4 Damen zwei RT die anderen beiden HTX, eine pauschale Aussage ist daher schwierig, mit Lenkerremote und <8,5kg ist das Fully aber durchaus Konkurrenzfähig 😉
Was sagst du zum Trend der großen Räder? Ist der Hype um 27,5“ und 29“ begründet?
Wir werden sicher in den nächsten Jahren mehr davon sehen.
Bei Körpergrößen um 1,60m wie bei Lisi macht ein 29er aber weniger Sinn. Logistisch ist das für die Teams aber ein enormer Aufwand, neben aktuell 4 26ern auch noch 2 650B und 2 29er pro Person zu servicen und vorzubereiten. Man wird sich also auf 1-2 LR Größen beschränken.
Seit diesem Jahr gibt es ein neues Rennformat im Weltcup-Zirkus. Was ist deine Meinung zu den Cross-Country Eliminator Sprints? Ist es ein Schritt in die richtige Richtung, zu mehr Zuschauerfreundlichkeit und somit auch mehr (Medien-)Interesse am MTB-Sport?
Ich finde das Sprintformat super, nicht nur weil drei unserer Damen regelmäßig vorne mitfahren können. Die Rennen sind aber abhängig von der Strecke, ähnlich wie es beim 4X war.
Ist die Strecke nicht gut, sind die Rennen langweilig – auf einer guten Strecke, wie es sie beispielsweise in Nove Mesto oder auch in Münsingen gibt, bleiben die Rennen bis zum Schluss spannend. In Münsingen konnte beispielsweise Simon Stiebjahn nach 2 Runden in den letzten beiden Kurven noch vom letzten Platz aus nach ganz vorne fahren. Die Rennen sind kurzweilig und gut für die Medien abzudecken. Außerdem sind ja sowieso alle Fahrer und Teams vor Ort und haben so mehr vom Wochenende. Die Kosten bleiben dabei gleich.
Das XCE Rennen in Houffalize wurde, entgegen der von dir genannten Strecken, viel kirtisiert und viele vermissen den actionreichen 4X Worlcup.
Belgien war ein völlig anderer Ansatz, viel mehr Höhenmeter und der Start war sehr, sehr wichtig. Aber auch da war es manchmal bis zum Schluss spannend. Alex hat beispielsweise ihr Finalticket in der letzten Kurve verloren. Sie wurde überholt, weil sie sich etwas zu sicher war… Alles in allem gibt es aber sicher für den Rennverlauf spannendere Kurse.
Wir hoffen, dass die XCE-Rennen dem Sport vielleicht wirklich zu mehr Interesse verhelfen können. Dennoch bleibt Nachholbedarf im Vergleich zu anderen Sportarten. Wie sehen die richtigen Maßnahmen aus?
Es gibt immer wieder Veranstaltungen, die beweisen das es auch anders geht. Natürlich fällt in diesem Zusammenhang immer wieder der Name NoveMesto.
Ein Areal das für Biathlon gebaut ist aber auch ideal für MTB verwendet werden kann. Die Jahre vorher war immer Offenburg die Nummer eins. Beides waren/sind Events die Tausende von Zuschauern angezogen haben und alle mit großer Begeisterung dabei waren. In Tschechien lag dies natürlich auch mit an Jaroslav Kulhavy aber auch an den Veranstaltern, die einfach alles richtig gemacht haben und eine riesige TV Übertragung organisiert hatten. Rundum gelungen.
Wichtig für die Zuschauer und Medientauglichkeit sind sicher kürzere Kurse auf dem schmalen Grat zwischen spektakulär aber nicht gefährlich. Diese Diskussion stellte sich in Südafrika, dort waren viele Fahrer/-innen am Limit, manchmal darüber. Alles in allem ist der Sport mit dem neuen Mediapartner RedBull aber sicher auf einem guten Weg und man darf die nächsten Jahre viel erwarten…
Leider ist das Ghost-Factory Team im Moment mit einer Starterin weniger als gewohnt bei den Rennen. Die 19-jährige Nationalfahrerin Johanna Techt erlitt bei einem Rodelunfall einen Brustwirbelbruch.
Wie schreitet Johannas Genesung voran? Wann sind die ersten Rennen möglich?
Ihr könnt bald ein ausführliches Interview mit Johanna auf unserer HP lesen. Sie wird heuer sicher keine Rennen mehr fahren, ist aber aus der Reha zurück und saß die ersten Mal auf dem Fully (auf Asphalt).
Es steht noch eine schwere OP im August an, ab dann läuft die Vorbereitung auf 2013.
Johanna hat unglaublich viel Biss und will unbedingt zurück in den Leistungssport. Die Ärzte haben ihr positive Signale gegeben, ob sie den Schritt aber schafft, werden wir sehen, wir – und alle Sponsoren – geben Ihr dazu alle Zeit die sie braucht und werden keinen Druck aufbauen.
Wir wünschen Ihr aber das Beste und stehen immer hinter Ihr.
Ich durfte letzte Woche das erste Mal wieder mit Ihr Radfahren. Ein unglaubliches Gefühl, nachdem ich sie vor gut 2 Monaten im Krankenhaus besucht habe und sie sich nicht einmal im Bett bewegen konnte, ich bin also sehr optimistisch…die Fortschritte sind super.
Wir drücken ihr alle Daumen und hoffen auf schnellste Gesung und eine erfolgreiche Rückkehr zum Leistungssport!
Vielen Dank für das großartige Interview und viel Glück für euch in der laufenden Saison 2012!
Link zum UCI Highlightvideo vom XCE-Rennen Houffalize
Link zum Olympiakursvideo 2012
Das Interview führte