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Lauf Forks Trailracer LTR 29-die Federgabel der Zukunft?

Sie sieht futuristisch aus, ist extrem leicht und sorgte nicht nur bei ihrer Vorstellung 2014 für Furore. Die Lauf Trailracer ist zweifelsohne ein pulsierendes Mountainbike-Bauteil – Grund genug die isländische Federgabel in einem Dauertest auf Herz und Nieren zu testen!

Lauf,das kleine isländische Wort, bedeutet auf Deutsch übersetzt Blatt. Was das alles mit der Federgabel zu tun hat?
Begeben wir uns einige Jahre zurück in den Norden Europas. Genauer: Island. Ein junger Protesenhersteller Protesenhersteller – der auch Erfahrung mit Carbonkonstruktionen hat – denkt über eine komplett neuartige Federgabel nach. Sein Name: Benedikt Skúlason. Was dabei herausgekommen ist?

Genau! Die Lauf Trailracer!
Lauf Trailracer Forktop sideview

Das Konzept

Anders als in herkömmlichen Luftfedergabel federn in der Lauf Trailracer mehrere Blattfedern. Blatt? Moment da war doch etwas? Genau! Blatt = Lauf. Daher hat die Gabel also ihren Namen.

Lauf Trailracer Sideview FullLuftfedergabeln arbeiten nach einem bekannten Konzept: Die Tauchrohre der Federgabeln verschwinden je nach Krafteinwirkung im Casting der Gabel und geben so Federweg frei, ähnlich wie bei einem Stoßdämpfer am Auto.

Bei der Lauf Trailracer wird die Kraft der Erschütterungen in die zwölf Blattfeder weitergegeben und durch den Flex der Carbonblättchen absorbiert. Das Laufrad ist so „schwimmend“ in der Gabel eingehängt.

Die Lauf Trailracer bringt gerade einmal 975 Gramm auf die Waage. Einer „normalen“ Luftfedergabel nimmt sie damit einige Gramm ab. Zum Vergleich: Die Benchmark bei 29 Zoll 100mm Luftfedergabeln ist momentan die Rock Shox Sid XX Worldcup mit rund 1.600 Gramm.Radon Lauf Trailracer Front

Ohne Frage ist die Federgabel von Lauf wohl einer der ungewöhnlichsten Komponenten die es aktuell fürs Bergfahrrad gibt.
Lauf Trailracer Red Rund ums Rad Test

Technische Daten

Thema Info
Federweg 60mm
Schaft tapered
Material Carbon
Gewicht 975 Gramm
Achsstandard 15mm Steckachse
min. Bremsscheibengröße 185mm
Bremsenaufnahme Postmount

Montage

Die Gabel wird wie jede andere Gabel montiert, hierbei gibt es keinen Unterschied. Geliefert wird sie mit ungekürztem Schaft. Dieser ist dann auf die individuellen Anforderungen anzupassen. Da es sich um einen Carbonschaft handelt ist das kürzen etwas komplizierter als mit einem Aluschaft.Dirty Race Lauf Trailracer

Am besten spannt man die Trailracer in eine Schneidehilfe ein und schneidet dann mit der Säge den Schaft auf die benötigte Länge ab. Vorsicht: Verwenden sollte man ein spezielles Sägeblatt für Kohlefaser. Außerdem sollte man bei Sägen von Carbon sehr vorsichtig sein, damit keine Fasern abbrechen – Die Devise ist also langsam und kraftvoll zu sägen. Danach noch einfach mit feinem Schleifpapier die Ecken entgraten – Fertig!

Danach führt man die Federgabel wie gewohnt in den Steuersatz ein, nachdem man sie ein wenig gefettet hat. Zur besseren Klemmung des Vorbaus verteilten wir außerdem etwas Carbonmontagepaste an dem Schaft. So lassen sich die Anzugsmomente etwas verringern, was für jedes Carbonbauteil von Vorteil ist.Lauf Trailracer Theresia Schwenk DM Saalhausen 2015

Geometrie

Die Lauf Trailracer spielt mit ihrer Einbauhöhe von 488mm in einer Liga mit einer 80mm Teleskopgabel. Folglich änderte sich die Geometrie an meinem Focus Raven 29R – dieses ist nämlich auf eine 100mm Gabel ausgelegt. Folglich wanderte das Tretlager und somit auch der Schwerpunkt etwas nach unten,was die ohnehin schon satte Traillage um einiges nachwürzte.  Auch der Lenkwinkel war nach dem Einbau der Lauf Trailracer um ein paar Grad steiler. Das Handling fühlte sich nun ein wenig schärfer und direkter an.
Lauf-Trailracer-Focus-Raven

Probefahrt

Die Gabel ist gerade eingebaut, da schreit mein Bikerherz schon nach einer Probefahrt.
„Wie funktioniert das Teil? Ist der Unterschied zu meiner alten Gabel groß? Wie ist sie bergauf? Wie in den Trails?“

Ein Pluspunkt der Gabel ist der entfallende Setup. Mit Wörtern wie PSI, Rebound oder Token können sich nun andere Biker rumärgern – Ab aufs Bike!

Endlich auf dem Rad ist das Bikerherz dann nach der ersten Kurbelumdrehung im siebten Himmel. Das Fahrverhalten der Lauf ist aufregend – aufregend anders.
Fun Lauffork LTR

Federungsverhalten:

Schon nach den ersten Metern mit der besonderen Federgabel wird mir klar: Das Losbrechverhalten ist von einem anderen Stern.

Jede kleine Unebenheit wird von der Trailracer Gabel zuverlässig geschluckt – kleine Bodenwellen komplett ausgebügelt.Thermo Race Sandra Streckert

Wer sich an die Anfänge der Mountainbike-Federgabeln erinnert wird sich auch an die ungedämpften Federungen erinnern, die zum Glück nur eine kurze Markt-Phase hatten.

Bei der Lauf Trailracer konnten wir über den gesamten Testzeitraum nur zweimal die Gabel zum Durchschlag bewegen – also den gesamten Federweg nutzen. Auch wir hatten uns ein wenig vor diesem Punkt gefürchtet: Wie würde die maximale Federwegsauslastung auf den Fahrer wirken? Gibt es einen harten Schlag und man wird wieder hart ausgefedert? Oder schluckt die Gabel diese Überlastung einfach weg? Ein wenig Aufschluss geben die „Endanschläge“ der Gabel. Diese geben bei voller Auslastung ein relativ weiches, aber deutlich spürbares Ende. Das Bike bleibt angenehm kontrollierbar, aber vom Federgeräusch her sollte man diese Situation nicht zu oft herausfordern.

Übrigens: Die Lauf Trailracer Fork hat keine Öffnung am Schaft und ist dadurch deutlich pflegeleichter. Bei anderen Gabeln spritzen ganze Pfützen in den Steuersatzschaft, bei der Gabel von Lauf ist dies gar nicht möglich.

Diese Eigenschaften lassen die Trailracer zur perfekten Wintergabel werden, der auch die widrigsten Wetterbedingungen nix anhaben können. Außerdem: Ohne Lager und Buchsen ist die Lauf Trailracer komplett wartungsfrei.
Theresia Schwenk Alfons Benz Bundesliga Lauf Trailracer

Auf dem Trail

Starrgabel oder Federgabel – Welche Bezeichnung kommt der Lauf Trailracer am Nächsten?

Kleine Unebenheiten: Auf Feld- und Forstwegen kommt wirklich ein wenig „Fatbike-Feeling“ auf, so komfortabel fliegt man mit der Trailracer über kleine Unebenheiten.Lauf Dirty Race

Wird es richtig verblockt auf dem Trail kommt die Lauf Fork schnell an ihre Grenzen. Gerade bei Stufen und harten Schlägen oder Landungen merkt man das Federwegsdefizit deutlich.

Durch den progressiven Federwegsverlauf fühlt sich die Lauf Trailracer teilweise nach mehr als 60mm Federweg an – 80 sind es eher nach Gefühl.Lauf Trailracer Action Theresia

Antriebsanflüsse

Wippt die Gabel? Teils -Teils

Ist man im Sitzen nicht 100% im runden Tritt unterwegs, spürt man die Gabel unter sich arbeiten.

Im Wiegetritt hingegen ist die Gabel komplett unaufgeregt. Man kann super am Lenker ziehen und alles geben, ohne das (zu viel) Kraft in die Fork geht. Zugegeben: Einige Millimeter bewegt sich die isländische Gabel schon – aber 5-10mm wippt eine Teleskopfedergabel auch im Lockoutmode.Ridersview Lauf Fork LTR

Langlebigkeit

Es kursiert oft in Verbindung mit Carbonparts. Das Gruselwort eines jedes Leichtbau-Mountainbiker: Ermüdungsbruch.

Wie sieht es bei der Lauf Fork aus? Laut Konstrukteur Benedikt Skulason soll das aus der militärischen Anwendung stammende Material auch über Jahre hinweg keine Ermüdung zeigen. Auch die Blattfedern, das Herz der Lauf Fork, soll nach mehreren Einsatzjahren weiterhin elastisch sein. Im Notfall wohl auch weit über den, durch Anschlagspunkte begrenzten, Federwegsbereich.

In den nächsten Monaten werden wir die Lauf Fork weiterhin an ihre Grenzen bringen. Natürlich halten wir euch auf dem Laufenden, wenn sich etwas spannendes tut!

Steifigkeit

Für die Verwindungssteifigkeit der zwei Federelemente sorgt bei der Laufgabel nur die Steckachse. Dies bemerkt man im Fahrgefühl deutlich, auch mit einem Körpergewicht von 64 Kilo. Im Wiegetritt und in aggressiv gefahrenen Kurven ist das Nachgeben des Bauteils klar zu spüren.Lauf Trail Racer Ice Rider Schömberg

Dennoch wirkte die Gabel nie schwammig oder instabil.Im Anstieg ist die eher geringe Steifigkeit der Gabel allerdings nicht unbedingt negativ. Alle Kraft die man aufbringt wird auch im Vortrieb umgesetzt.

Einen Unterschied in der Torsionssteifigkeit war mit verschiedenen Steckachsen zu bemerken. Betrachtet man die Konstruktion der Lauf Trailracer genauer wird klar: Sämtliche Seitenkräfte müssen von der Gabelbrücke oder der Stechachse getragen werden. Folglich wichtig ist letzteres Bauteil wenn es auf den Trail geht.

Während die serienmäßige Schraubsteckachse wirklich gut zur Steifigkeit beitrug war mit der Rockshox Quickrelease Steckachse gerade in schnellen Kurvenanlenkungen ein leichtes Wippen zu verzeichnen. Du fragst dich, warum ich nicht einfach das Serienbauteil im Testeinsatz fuhr!? Ganz einfach: Im Rennen wollte ich lieber auf die Quickrelease-Steckachse setzen, um auch im Defektfall einen schnellen Reifenwechsel (da werkzeuglose Steckachsen Demontage) gewährleisten zu können. Für die Lauf –Steckachse hingegen braucht man immer einen 5er Inbus – das kann im Rennen schon mal wichtige Sekunden kosten wenn man kein Minitool greifbar hat. Das musste auch unsere Theresia in einem Rennen feststellen.Lauf ICErider

Pro / Contra

Pro Contra
Feinfühlig auf kleinen Unebenheiten Teilweise zu Hart bei Kompressionen
Wartungsfrei Klare Grenzen im anspruchsvollen Gelände
Gewicht Antriebsanflüsse im Sitzen
Antriebsneutral im Wiegetritt

Fazit

Marathonracer und Grammfeilscher aufgepasst – Mit dieser speziellen Federgabel hat Lauf ein tolles Produkt entwickelt, welches den Markt (zu Recht) aufgemischt hat. Durch ihre besondere Dämpfung spielt die Lauf mit ihren Komfortwerten in einer eignen Liga – ebenso das Gewicht ist unschlagbar. Wird das Einsatzterrain etwas ruppiger kommt man mit der Blattfedergabel aus Island schnell an seine Grenzen. Dennoch werden wir diese Form von Gabel in Zukunft öfter sehen. Auch wenn sie mit knapp 1000 Euro nicht gerade ein Schnäppchen ist.

Ausblick: Neben der Trailracer in einer 650b Variante bietet Lauf die Gabel ebenfalls als Boost 148 Version an. Die Fork ist so mit den breiten Naben kompatibel. Für Fatbikes haben die Isländer die „Carbonara“ im Programm. Mehr Informationen unter Laufforks.com

Über den Autor

Lukas

Seit 2007 ist Lukas auf dem Mountainbike unterwegs. Hauptsächlich auf dem Cross-Country Renner unterwegs, ist er für alles was mit zwei Rädern hat zu begeistern.

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