Pirelli als Reifenhersteller ist in aller Welt bekannt. Formel 1 Erfolge, Reifen für den vier und zweirädrigen Motorsport sowie für Motocross. Im MTB Bereich ist Pirelli jedoch noch recht unbekannt. Ob sich das mit Ihrem noch recht neuen Portfolio an MTB, Trail und Enduro Reifen ändert? Wir haben dafür den Scorpion Enduro S für euch getestet. Wie er sich geschlagen hat, dass erfahrt Ihr auf den folgenden Zeilen!
Pirelli Scorpion Enduro S
Bevor wir direkt in den Testbericht einsteigen, wollen wir euch zu den gegebenen Rahmenbedingungen abholen:
- Testreifen: 2x Pirelli Scorpion Enduro S in 27,5×2,4 (VR) 27,5×2,6 (HR) mit HardWall Karkasse und SmartGrip Gravity Compound (Single Compound) (Gewicht gewogen: ca. 980 g)
- Testrad: Santa Cruz Nomad V4 mit Aerothan Schläuchen.
- Einsatzgebiet: Trails in Finale Ligure (verblockt, steinig, sandig zt. auch matschig), Hometrails, Bikepark Leogang und Portes du Soleil (trocken, sandig, Steilhang)
- Fahrer: Max´Fahrstil lässt sich als flüssig und sauber beschreiben. In Steinfeldern wählt er eher die materialschonendere Linie als die schnellere, aber aggressivere „Haudrauf“ Linie. Fahrfertig wiegt er ca. 70 kg.
Nun etwas zum Reifen selbst, der Pirelli Scorpion Enduro S grenzt sich etwas von der „etablierten“ Technologie der großen Hersteller ab. So setzt Pirelli interessanterweise auf den SmartGrip Gravity Compound. Dieser besteht aus einem Single Compound. Das interessante, Maxxis z. B. setzt hier auf 2 bzw. 3 geteilte Mischung. Ob der Single Compound überzeugen kann? Gewichttechnisch ordnen sich die Reifen für ihre Breite von 2,4 und 2,6 in einem sehr guten Bereich für Enduroreifen ein.
Testablauf:
Um den Scorpion Enduro S ausgiebig zu testen haben wir ihn für euch über die verschiedensten Trails gejagt! Seinen Auftakt hat der Reifen in Finale Ligure machen müssen. Hier waren wir eine Woche per Shuttle auf den bekannten und harten Trails in und um Finale Ligure unterwegs. Danach folgten Testkilometer auf den Hometrails, sowie im Bikepark Leogang und ein einwöchiger Trip in die Gegend um Portes du Soleil (Chatel, Morzine, Les Gets, etc.) Somit konnten wir für euch ein breites Spektrum an Erfahrungen zu dem Reifen sammeln.
Der Reifen:
Pirelli hat uns die Scorpion Enduro S in den Breiten 2,4 und 2,6 zur Verfügung gestellt. Somit fuhren wir den 2,6er am Vorderrad und der 2,4er wanderte ans Hinterrad. Die sogenannte HardWall Karkasse verfügt über 60 TPI und soll äußerst widerstandsfähig sein. Gefreut hat uns an dieser Stelle das für die Breite der Reifen sehr passable Gewicht von ca. 980 g.
Auf dem Trail:
Schon bei der Montage fällt auf, dass nicht nur die Karkasse des Reifens äußerst hart ist, sondern auch das Profil und deren Stollen. Hier waren wir sehr gespannt wie sich dies auf die Haltbarkeit, Fahrbarkeit und das Gripniveau unter den verschiedenen Bedingungen auswirken wird!
Bei der Feuerprobe in Finale Ligure hatten wir die ersten zwei Tage erst sehr nasse und dann abtrocknende Trails. Hier zeigte sich sehr interessant welche Bedingungen dem Reifen besser liegen und welche nicht. Auf nassen Trails gefiel uns das stark ausgeprägte Profil mit den harten Stollen. Diese konnten sich gut in den weichen Boden drücken und boten ein sehr gutes Gripniveau. Auch dank der ausgeprägten Seitenstollen fanden wir insbesondere in Kurven viel Grip mit dem Reifen und konnten Vertrauen aufbauen.
Auch in steinigen, nassen Passagen bot der Reifen uns einen sehr guten Grip. Hier hatten wir erwartet, dass aufgrund der harten Stollen insbesondere auf Steinen etwas Grip fehlen könnte. Hier konnte uns der Pirelli Reifen jedoch des Besseren belehren.
Mit zunehmendem Sonnenschein und steigenden Temperaturen trockneten die Strecken immer weiter ab. Wo zu Beginn weicher, nasser Boden war, fand sich nun harter und trockener Boden. Die Kombination aus diesem harten Untergrund und dem ebenfalls harten Profil des Pirelli zeigten, dass solche Bedingungen nicht optimal sind für diesen Reifen. Ein weicheres Profil/Mischung könnte bei harten Böden etwas mehr Grip und Traktion generieren. Der optimale Einsatzbereich des Enduro S Modelles lässt sich also eher auf losen und weichen Böden finden. Dies bedeutet nicht, dass der Reifen unter diesen Bedingungen schlecht performt, sondern vielmehr dass er hier nicht ganz an seine sehr gute Performance im Nassen und Weichen anknüpfen kann.
Je trockener ein Boden wird, desto staubiger und zum Teil auch sandiger wird er. Während des Tests in Portes du Soleil, fanden wir insbesondere am Steilhang in Pleney sehr viel staubigen und losen Boden. Hier zeigte sich erneut, dass sobald der Boden lockerer ist, dass Profil des Scorpion seine Stärken ausspielen kann. Hier wurden wir mit viel Grip in sandigen Ecken und auch auf staubigen Wurzeln überrascht. Gerade in sehr steilen Passagen hat uns der Reifen sehr viel Vertrauen vermittelt.
Neben dem Fahrverhalten eines Reifens ist natürlich auch die Eigendämpfung und der Pannenschutz der Karkasse ein wichtiger Bestandteil. Hier überzeugte uns die HardWall Karkasse auf ganzer Linie. Wir hatten sowohl auf den harten, steinigen Trails in Finale Ligure, im Bikepark Leogang, sowie den anspruchsvollen Trails in Portes du Soleil keinen einzigen Platten oder spürbaren Durchschlag auf die Felge. Betrachten wir nun den gefahrenen Luftdruck von 1,4-1,8 Bar, ist dies eine beachtliche Performance. Auch in engen und schnell gefahrenen Kurven verhinderte die Karkasse trotz des niedrigen Luftdrucks ein „Wegknicken“ bzw. das sogenannten Brappen in der Kurve. Ebenfalls gefiel uns die sehr gute Eigendämpfung der Reifen an dieser Stelle, da durch die Karkasse entsprechend niedrige Luftdrücke gefahren werden konnten. Der Rollwiderstand erschien uns trotz des ausgeprägten Profils nicht gestiegen zu sein im Vergleich zu der Maxxis Minnion Exo+ DHF(2,5)/DHR(2,4) 3c MaxxTerra Kombi die zuvor montiert war.
Nach ca. 800 sehr anspruchsvollen Testkilometern zeigt der Reifen zwar Abnutzungsspuren, aber keine herausgerissenen oder stark beschädigten Stollen. An der ein oder anderen Stolle finden sich lediglich leichte Beschädigungen. Diese relativ geringe Abnutzung des Reifens ist augenscheinlich auch auf das harte Profil zurückzuführen und sorgt für einen relativ geringen Verschleiß am Reifen.
Fazit:
Der Pirelli Scorpion Enduro S ist ein in unseren Augen ein sehr guter Enduro Reifen der vieles richtig macht. Er bietet einen exzellenten Pannenschutz, hat einen geringen Verschleiß und bietet allem voran insbesondere auf trockenem, losem Untergrund und feuchten bis nassen Bedingungen einen hervorragenden Grip. Auf klassischem Hard Pack, also festgefahrenem Boden, wie wir es in den Sommermonaten aus den Bikeparks kennen, performen andere Reifen besser als der Pirelli. Wir sehen den Pirelli Scorpion Enduro S daher vor allem als guten Reifen für die Zeit von Herbst bis Frühjahr, der sowohl in den Alpen mit seiner Robustheit und auf den Hometrails mit einem akzeptablen Gewicht überzeugen kann.