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Marathon EM: Sieg für Sabine Spitz und sensationeller Vizetitel für Sascha Weber

Die dreifache Olympiamedaillengewinnerin Sabine Spitz hat sich beim Rothaus Hegau Bike-Marathon zum zweiten Mal den Titel der Marathon-Europameisterin geholt. In einem engen Rennen bezwang sie in Singen/H. die beiden Schweizerinnen Jolanda Neff und Esther Süss. Bei den Herren holte sich der Tscheche Jaroslav Kulhavy Gold vor einem sensationell fahrenden Sascha Weber aus St. Wendel und Alban Lakata aus Österreich. Viele tausend Zuschauer waren an die Strecke gekommen und über 1100 Biker waren am Start. 

Die Bedingungen waren wie gemacht für Sabine Spitz. Die 44-Jährige war froh über das sonnige Wetter und die warmen Temperaturen. Gepaart mit einer guten Vorbereitungsphase war Spitz zu jeder Zeit auf der Höhe des Geschehens. In der lange Zeit achtköpfigen Spitzengruppe zeigten sich vor allem die Britin Sally Bigham (Topeak-Ergon) und Esther Süss (Wheeler-iXS) aus der Schweiz aktiv.

"Spitz"

strahlende Siegerin, (c) Kuestenbrueck

Mitfavoritin Gunn-Rita Dahle-Flesjaa hatte schon früh Probleme und als es nach rund 55 Kilometer in einen längeren und sehr steilen Asphalt-Anstieg hinein ging, verlor sie den Kontakt.

So blieb ein Trio an der Spitze,  das die Verfolgerinnen zwar noch mal erreichten, doch die Kräfteverhältnisse waren da letztlich schon klar.

Die Entscheidung über Gold, Silber und Bronze fiel nur 200 Meter vor dem Ziel. Dort holte sich Sabine Spitz den entscheidenden Vorteil, als sie eine Linie über ein Bankett und durchs Gras wählte, während Jolanda Neff die Kurve ausfuhr. Die Weltranglisten-Erste im Cross-Country besitzt zwar Sprint-Künste, doch die Anfahrt zum Ziel in Singen ist zu kurvig und eng, als dass die Schweizerin noch eine Chance gehabt hätte.

„Nach der ersten Runde sind wir noch außen rum gefahren, aber ich habe gesehen, dass die Linie auch gefahren wird. Dadurch bin vorbei gekommen“, sagte Spitz dazu.

Die knapp unterlegene Jolanda Neff nannte es  „ein wenig schade“, dass es für sie nicht zum Titel gereicht hat. „Aber keine Frage, Sabine war da clever und sie ist auch stark gefahren. Sie hat verdient gewonnen“, gratulierte die 22-Jährige.

„Es war mein erstes Marathon-Rennen und ich bin noch nie ein so langes Rennen gefahren. Aber ich hatte keine Probleme, es war echt cool“, bilanzierte Neff, die am Tag zuvor schon ein Cross-Country-Rennen in Solothurn gewonnen hatte.

Ein paar Meter weiter gab eine strahlende Siegerin Auskunft. „Singen war für mich der erste Höhepunkt der Saison und dass es mit dem Titel ausgeht, das hätte natürlich besser nicht laufen können“, sagte Sabine Spitz. „Es war irgendwann klar, dass es auf einen Sprint heraus laufen würde. Wir hatten schon einen Abstand, aber Gunn-Rita und Sally sind dann auf der Fläche wieder heran gefahren. Ich war drei Kilometer vor dem Ziel überrascht, wer da wieder da war. Ich dachte, oje. Ich habe in den Kurven dann versucht immer eine gute Linie zu fahren um keine Positionen zu verschenken.“

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(c) Goller

Als Erste bog sie in die letzte Kurve ein und ließ sich auf den letzten 50 Metern von Neff ihren zweiten EM-Titel in der Marathon-Disziplin und damit ihre zwölfte Medaille bei Europameisterschaften nicht mehr entreißen.

Esther Süss wurde mit sechs Sekunden Rückstand Dritte. Die Eidgenossin, die 2013 in Singen gewonnen hatte, nahm auf dem letzten Kilometer nicht das volle Risiko. Sie war in dieser Passage nach der ersten 30-Kilometer-Runde gestürzt. „Ich wollte da nichts mehr riskieren. Ich bin über die Bronze-Medaille total happy, nachdem ich ursprünglich ja gar nicht fahren wollte. Die Beine waren prima, trotz dem Cross-Country-Rennen gestern“, erklärte die 41-Jährige.

Herren: Fast 90 Kilometer Flucht endet mit historischem Erfolg

Karl Platt, der keinen guten Tag erwischte und das Rennen nicht beendete, hatte im Vorfeld ein mögliches Drehbuch in den Raum gestellt, das an diesem Sonntag im Hegau dann tatsächlich Realität wurde.

Dass es eine frühe Flucht geben würde, die auch bis ins Ziel durchkommt, das traute Platt nur Jaroslav Kulhavy (Specialized Racing) zu. Und genauso kam es auch. Es war der Tscheche, der sich in einer matschigen Singletrail-Passage an die Spitze setzte, sein Landsmann Kristian Hynek (Topeak-Ergon) folgte und auch Sascha Weber (Orbea-smp) vertraute auf seine Rennfahrer-Intuition. „Ich wusste, da muss ich dabei sein. Ich meine, bei einer EM geht es um Medaillen, was sollst Du da warten“, erklärte Außenseiter Weber später.

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(c) Goller

So entstand eine dreiköpfige Spitzengruppe, die mehr und mehr Vorsprung herausfahren konnte. Nach den ersten 49 Kilometern fiel eine erste Entscheidung. Pechvogel Kristian Hynek hatte Probleme mit seinem Klick-Pedal. „Ich bin immer wieder rausgerutscht und ein paar Mal fast gestürzt“, erzählte er später. Er hielt an, mit dem Versuch durch Säubern das Pedal wieder in Ordnung zu bringen und verlor den Kontakt. Er wechselte danach noch das Pedal und hatte dann keine Chance mehr.

Kulhavy „wie ein Moped“

Der amtierende Marathon-Weltmeister Jaroslav Kulhavy vermisste vorne seinen Landsmann. „Wir haben uns abgewechselt in der Führung. So war es auf der zweiten Runde natürlich schwieriger. Aber ich war zuversichtlich weil ich gute Beine hatte und weil ich den vielen Flachpassagen einfach stark bin“, erklärte der Olympiasieger.

So blieb ihm nur Sascha Weber als Anhängsel. Der war für die Marathon-Spezialisten fast ein No-Name, aber als etatmäßiger Cross- und Straßenfahrer brachte der Saarländer alles mit, was man auf diesem welligen Kurs in der Vulkan-Landschaft benötigt.

(c) Kuestenbrueck

(c) Kuestenbrueck

„Ende erste und Anfang zweite Runde konnte ich Jaroslav noch ein wenig helfen, aber dann nicht mehr. Die letzten 15 Kilometer hatte ich Krämpfe, ich war auch nicht optimal verpflegt“, erklärte Weber. Und voller Respekt gegenüber dem neuen Europameister fügte er hinzu: „Der ist auf der Fläche gefahren wie ein Moped, unglaublich.“

Er schaffte es dran zu bleiben und der Vorsprung wuchs auf zwischenzeitlich 3:15 Minuten. Einen Kilometer vor dem Ziel setzte sich Kulhavy leicht ab und holte sich sechs Sekunden vor Weber den letzten Titel, der ihm noch in seiner Sammlung fehlte. Der 30-Jährige ist der einzige Mountainbiker, der sowohl auf der Marathon-Distanz als auch in der olympischen Cross-Country-Disziplin alle Titel geholt hat, die es gibt. „Das war der letzte, der mir noch gefehlt hat“, grinste Kulhavy.

Sascha Weber konnte seinen Parforce-Ritt zu EM-Silber gar nicht so recht einordnen. „Jaroslav war stärker, aber ich kann das nicht einschätzen. Ich wusste, ich habe mich gut vorbereitet, aber ich wusste ja nicht wie stark die anderen sind. Ich bin hier ganz entspannt angereist. Jetzt ist es Silber geworden, das war ein geiles Erlebnis und ich bin happy“, meinte Weber.

MTB-Bundestrainer Peter Schaupp hatte schon nach 15 Kilometern spekuliert. „Sascha hat sich ernsthaft vorbereitet, der kann das. Ich bin überzeugt, dass er dran bleiben kann.“ Der Experte sollte Recht behalten.

Im Kampf um Bronze setzte sich schließlich Topeak-Ergon-Fahrer Alban Lakata durch (+2:05). Der Österreicher glaubt, dass von der Leistungsfähigkeit mehr drin gewesen wäre. „Dass wir den Zug verpasst haben, das hat mich die ganze Zeit geärgert. Ich hatte super Beine. Aber nachdem Kristian vorne war, konnten Robert (Mennen) und ich ja hinten schlecht Druck machen. Erst zum Schluss haben wir das dann getan“, erklärte Lakata.

Aus einer neunköpfigen Verfolgergruppe setzte sich Lakata am Plören ab und eroberte die Bronze-Medaille.

Robert Mennen, der erst einmal abreißen lassen musste, gelang es noch mal am Tschechen Jiri Novak und an Tiago Ferreira vorbei zu gehen und sogar Druck auf seinen Teamkollegen Lakata auszuüben. „Ich wusste, ich muss ganz schnell an denen vorbei, damit ich die nicht wieder zu Alban hinführe. Jetzt ist es für mich die Holzmedaille. Schade, aber ich bin froh, dass die Form so gut war und ich am Schluss sogar noch einen draufsetzen konnte. Ich war noch nie so nah an einer internationalen Medaille dran“, erklärte Mennen, der mit 2:17 Minuten Rückstand ins Ziel kam.

Lokalmatador Tim Böhme konnte schon zu einem frühen Zeitpunkt nicht mehr mithalten. Er war bereits nach 30 Kilometern nicht mehr in der Verfolgergruppe zu finden. Böhme war schon im Vorfeld skeptisch gewesen.

Drittbester Deutscher wurde Centurion-Vaude-Fahrer Markus Kaufmann aus Meckenbeuren auf Rang 14 (+6:35).

Titelverteidiger Christoph Sauser (Specialized Racing) lag in der Verfolgergruppe, als er mit Defekt aus dem Rennen um die Medaillen ausschied.

Teilnehmer-Rekord: Toller Tag für den Hegau

Der Rothaus Hegau Bike-Marathon war auch abseits der 200 EM-Teilnehmer ein voller Erfolg. 1150 Meldungen bedeuteten neuer Rekord für die 13. Auflage des Events. Mehr Zuschauer als jemals zuvor zog es zu den Hot Spots und an andere Streckenteile.

„Es hat alles super geklappt. Das war ein toller Tag für das Mountainbiken im Hegau“, bilanzierte Stephan Salscheider von der organisierenden SKYDER SPORTPROMOTION, „und ein perfekter Vorlauf für die Weltmeisterschaften 2017 hier in Singen.“

Mehr Infos auf www.hegau-bike-marathon.de

Textquelle: Pressedienst Rothaus Hegau Bike Marathon, Bilder ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion, sowie ©Erhard Goller

Über den Autor

Dominik V.

Dominik ist Mitbegründer und hat bis Dezember 2022 gemeinsam mit Klaus den Blog Rund-ums-Rad.info betrieben. Er ist aktiv bei nationalen Cross-Country und Rennradrennen am Start.

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