Neue Schraubendreher braucht das Land – zumindest manch Radler. Immer häufiger finden sich Schrauben mit dem so genannten Torx-Profil an Fahrrädern und Komponenten. Und das aus guten Gründen. Der pressedienst- fahrrad erklärt, was es mit dem Torx auf sich hat und ob sich bereits jetzt ein neuer Schrauben-Standard ausmachen lässt.
Standard folgt Standard
Dass sich Inbus als Schrauben-Standard durchgesetzt hat, hat gute Gründe: Der Innensechskant-Antrieb der Schraube kann etwa das Zehnfache der Kraft einer Kreuzschlitzschraube gleicher Größe aufnehmen/übertragen.
Das minimiert nicht nur die Abnutzungen des Antriebs – gemeinhin als „Vernudeln“ einer Schraube bezeichnet – sondern erlaubt durch die hohen Reserven auch, die Schraubengrößen an unterschiedlichen Bauteilen des Fahrrades zu harmonisieren: 3, 4, 5, 6 und 8 mm Inbus genügen für nahezu das komplette Fahrrad.
Doch die Inbusschraube bekommt Konkurrenz. Die noch drehmomentfreudigere Torx-Schraube (englisch: Torque – z. dt. Drehmoment) findet sich immer häufiger an Komponenten der höheren Preisklasse. „Diese Weiterentwicklung der Kreuzschlitz- und Inbus-Schraube bietet dem Werkzeug eine noch höhere Kontaktfläche und erlaubt demzufolge höhere Drehmomente bei gleicher Baugröße“, weiß Anke Namendorf vom niederländischen Fahrradhersteller Koga (www.koga.com). „Wir setzen bei unseren Rädern und Komponenten zunehmend auf diesen Schraubentyp und gehen davon aus, dass sich Torx am Fahrrad durchsetzt. Zukünftig wird man dann das Gros der Rad-Einstellungen mit nur einem Schlüssel bewerkstelligen können.“
Dass das bereits für eine komplette Schaltgruppe funktioniert, beweist der Hersteller Sram (www.sram.com) mit seiner Edel-Mountainbikegruppe „XX“. Seit der Einführung 2009 ist lediglich ein Torx-Schlüssel der Größe T25 von Nöten, um sämtliche Schrauben der Schaltgruppe zu bedienen.
Rückblick
Wie viele andere Innovationen am Fahrrad auch, hielt die Torx-Schraube Einzug übers Mountainbike, genauer über die Scheibenbremse. Bauraumeinschränkungen bei der Befestigung der Bremsscheiben an den Naben führten zur Adaption der bei Motorrad-Bremsscheiben schon längst üblichen Torx-Schraube. Denn einen weiteren Vorteil kann der Schraubenkopf für sich geltend machen: Er kann ohne Stabilitätseinbußen erheblich flacher gestaltet werden als bei einer Inbusschraube.
„Das flache Profil führt nicht nur zu Raumgewinn, sondern ist auch der Formensprache einiger Bauteile zuträglich“, fügt Heiko Müller vom Darmstädter Hersteller riese und müller (www.r-m.de) hinzu.
Beim Hersteller kommen schon länger Torx-Schrauben u.a. bei der Schutzblechmontage zum Einsatz.
Mit zunehmender Verwendung der Schraube erhöht sich auch die Nachfrage an Torx-Schlüsseln, das beobachtet Thomas Wilkens vom Werkzeugspezialisten Park Tool (www.parktool.de): „Wir merken eine deutliche Zunahme an georderten Torx-Schlüsseln – das gilt sowohl für den Werkstattbereich, als auch für Verbraucherwerkzeuge. Unsere Multitools, wie etwa das beliebte Modell IB-2 I-Beam (18,95 Euro), beinhalten schon seit geraumer Zeit diese Schlüssel, in jedem Fall die gängigste Größe T25.“
Ist das Ende der Ära „Inbusschlüssel“ schon jetzt besiegelt?
Nein, lautet der Tenor großer Radhersteller: „Der Inbusschlüssel ist ein haushaltsübliches Werkzeug geworden, mit dem sich viele Endverbraucher selber helfen können. Zudem ist die Torx-Schraube selbst bei einigen Fachhändlern noch nicht im Ersatzteil-Sortiment enthalten“, erläutert etwa Mario Moeschler, Vertriebsleiter beim Traditionshersteller Hercules (www.hercules-bikes.de).
„Der Kauf eines neuen Alltagsrads, vor allem in der Einsteiger- und Mittelklasse soll nicht den Kauf eines neuen Werkzeugs erzwingen“, ergänzt Moeschler.
Zu ähnlichem Urteil kommt auch Rolf Häcker vom Komponentenhersteller Humpert (www.humpert.com), für den die Verwendung von Torx-Schrauben zur Zeit an der geringen Nachfrage scheitert: „Viele unserer Schrauben sind Spezialanfertigungen. Diese auf Torx umzustellen, verursacht Kosten, die sich erst ab einer hohen Stückzahl relativieren. Weil bei uns die Nachfrage nach diesem Schraubentyp bisweilen aber gegen Null tendiert, gibt es derzeit keinen Anlass, ihn zu verwenden. Auch der Umstellung einzelner Produktserien spricht die genannte Stückzahl-Abhängigkeit zum jetzigen Zeitpunkt entgegen.“
Fazit
Die Torx-Schraube ist längst noch kein neuer Standard. Dennoch hat sie gute Chancen, eine größere Verbreitung zu bekommen: Sie ist „stabiler“, erlaubt kleinere Bauformen und die weitere Reduktion verwendeter Schlüsselgrößen. In den nächsten Jahren wird die Verwendung dieses Schraubentyps zunehmend zum Qualitätsmerkmal fürs gesamte Fahrrad avancieren und so zunehmend auch in Radklassen und Anwendungsgebiete vorrücken, bei denen er aus technischer Sicht nicht zwingend notwendig ist.
Die Aussicht auf einen „Schraubenschlüssel für Alles“ wird jedoch klassenübergreifend für Stimmung sorgen.
Artikelquelle: www.pd-f.de
Das meint Dominik von Rund-ums-Rad dazu
Oder anders: Ist der Innensechskant nun dem Untergang geweiht? – Nein, ganz sicher nicht. Die Torx ® Schraube ist zwar eine potente Weiterentwicklung der Kreuzschlitz- und Sechskantantriebe, weil Sie bei ähnlicher Baugröße ein höheres Drehmoment übertragen kann, ohne dabei kaputt zu gehen. Aber das hatten wir ja schon…
Der generische Name ist übrigens „Sechsrund“, das Patent der Torx ® ist 1990 ausgelaufen, der Name jedoch immer noch geschützt.
In der Fertigungstechnik (vor allem bei Automaten wie Fertigungsrobotern im Automobilbau) ist das durchaus interessant, weil eben unempfindlich.
Nebenbei: Dort ist sie schon fast „Standart“…
Die Schraube ist also schonmal keine „Innovation“ sondern dem technischen Proletariat bisher einfach nicht geläufig.
Der angesprochene Vorteil, dass man weniger Schlüsselgrößen brauche, ist selbstverständlich so wie es im Text erklärt wird, nicht von der Hand zu weisen, relativiert sich in der Praxis aber genau dann, wenn man plötzlich sowohl Innensechskant, Torx ® und alles mögliche andere zur Hand nehmen muss weil eben nicht jeder Hersteller mit Torx ® arbeitet (und einen wird es immer geben…)
Für mich ist das zwar kein Für und Wieder, weil ich eh immer einen Haufen Werkzeug brauche und das moderne Multi im Rucksack auch einen T25 besitzt, aber ok…
Im Maschinenbau werden trotzdem häufig Innensechkante verwendet, weil insgesamt verbreiteter, billiger und für das meiste eben „gut genug“.
Der Aufwand alles auf Torx ® Umzustellen lohnt im Nutzen nicht wirklich, sodass die Schraube auf genau die Einsatzfälle beschränkt wird, in der Sie eben wirklich Vorteile hat (beim Fahrrad eben Bremsscheibe, dort wo Platz fehlt).
Klingt zwar erstmal kurzfristig gedacht, aber ist tatsächlich schlau überlegt.
Stellen Sie sich vor, alle paar Jahre würde eine neue, bessere Schraube zum „neuen Standart“ erhoben, wann wären die Kosten und der Nerv-faktor größer?
Wenn man das jedes Mal alles „der Einfachheit halber“ umstellt und vielleicht einen Schlüssel einspart (Gretchenfrage?) oder wenn man diese Schraube „würdigt“ indem man sie genau dort verwendet wo es nicht anders geht?
So bleibt sie zwar rar, aber man muss keine zehn Sortimente an Schrauben mit verschiedenen Köpfen bereithalten und dann regelmäßig einstampfen, sondern kann „Ein großes für das Meiste“ und „Ein paar wenige fürs Spezielle“ hernehmen, ökonomisch ist das viel schlüssiger.
Der Nutzen den man hätte, jetzt alles auf Torx umzustellen wäre außerdem nie so groß, wie es mal der von Schlitz auf Innensechskant war, denn die Innensechskantschraube steht der Torx als sehr robuster Zeitgenosse nicht so sehr nach wie man erst denken könnte.
Bemerrkenswert:
Es wurde gesagt, es sei nicht praktikabel „umzustellen“, weil bei manchen Fachhändlern die Torx ® „noch nicht im Ersatzteil-Sortiment enthalten“ sei.
In jedem gut sortiertem Metallwarenladen werden Torx ® Schrauben angeboten und alle Jahre wieder bietet ein Supermarkt sicher auch mal ein passendes Schlüsselset an.
Wer zu faul ist, sich davon etwas Hinzulegen, der ist etwa so wie ein Elektronikfachhändler, der keine Spezialitäten verkaufen will (vorallem wenn er weiß, dass es dafür Kundschaft gäbe), weil die meisten eh nur einen PC haben und das ja nur Aufwand macht sich etwas anders zusätzlich ins Lager zu stellen.
Es ist ja nicht so, dass man vielleicht beides unabhängig voneinander mal bräuchte…
Mein Fazit (teilweise deckungsgleich=:
Es wird – wie immer – nicht so heiß gegessen wie es gekocht wird, Torx ® wird sich bei den teureren Gruppen vorallem wegen des Blingbling-Faktors (Exklusivität) durchsetzen (bzw. ist schon passiert) und nebenbei noch in einigen sinnvollen Feldern eingesetzt werden.
In diesem Sinne, kauft euch halt einfach das verdammte Schlüsselset und macht euch Gedanken über wichtigere Fragen als Schraubenköpfe…
Der Autor
Torxschrauben mögen ja durch ihre geringere Bauhöhe dort Sinn machen wo nicht genug Platz ist.Aber sollte man eine festsitzende Torx einmal „vernudelt“ haben, hat man bei dem flachen Schraubenkopf kaum noch eine vernünftige Fläche um diese z.B mit einer Gripzange zu drehen. Da ist mir der altbewährte Inbus doch lieber.
Das ist durchaus ein Problem, dem man am besten nachkommt, indem man die Schrauben nicht ausnudelt bzw tauscht bevor sie durch sind. Hochqualitative Schlüssel sind da auch ganz bedeutend, wenn investieren in der Werktstatt dann IMHO da.
Bedenkt man den Fall, wo man auch an einen kaputten Inbus nicht gut drankommt (durch bauteile im Weg, etz) dann ist die Torx wieder etwas im Vorteil, weil unempfindlicher und schwerer Auszunudeln. Wie gesagt, die kann schon etwas mehr, aber die Umstellung/das Hinterherrennen von Trends macht einfach keinen Sinn.
Ich bleibe selbst auch bei Inbus, aber auch nur deshalb weil ich die in allen Größen da habe und erstmal verbrauchen werde.
Gruß