Wer täglich auf streckenweise völlig unzulänglichen und auch immer wieder unzulässigen Radwegen unterwegs ist, bekommt große Augen, wenn er auf die Ankündigung eines Radschnellwegs stößt. Aber es gibt tatsächlich erste Schritte einer Planung für einen Radschnellweg von Frankfurt nach Darmstadt. Wir haben uns die Machbarkeitsstudie des Regionalverbands FrankfurtRheinMain für euch mal näher angeschaut.
Vorgeschichte Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt
Bereits 1973 hat sich die Stadt Frankfurt und ihre Umlandgemeinden (das geht geographisch ziemlich weit) im Umlandverband Frankfurt organisiert. 2011 wurde aufgrund des „Gesetz über die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main“, das am 1. April in Kraft trat, aus dem Planungsverband der „Regionalverband FrankfurtRheinMain“. In den vergangenen Jahren hat der Regionalverband angefangen, sich auch dem Thema Radschnellweg zu widmen. Seit 2013 gibt es einen Arbeitskreis, der aus den Anrainerkommunen eines Radschnellwegs Frankfurt – Darmstadt, dem ADFC, Hessen-Mobil, der Hochschule Darmstadt und natürlich dem Regionalverband FrankfurtRheinMain besteht.
Im Jahr 2014 wurden die beiden Gutachterbüros Planersocietät (Dortmund) und Via (Köln) mit der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für einen Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt beauftragt. Im August 2015 wurde die Endversion „Detaillierte Machbarkeitsstudie für den Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt“ erstellt und auf der Website des Regionalverbands veröffentlicht.
Was ist ein Radschnellweg?
Da stellen wir uns erst mal ganz dumm und dann sagen wir (in Anlehnung an die Feuerzangenbowle) so: „Ein Radschnellweg ist ein Weg, auf dem man toll Rad fahren kann und möglichst unbehindert und zügig an sein Ziel gelangt“. Klingt ganz einfach, ist es aber leider nicht. Wer den Begriff „Radschnellweg“ im Kontext mit der Verbindung von Frankfurt nach Darmstadt erstmals, und wann denn genau, geprägt hat, mag umstritten sein. Ist mir aber komplett egal, wenn man sich auf Standards verständigt die man einhalten, oder besser, nicht unterschreiten will. Die Machbarkeitsstudie zitiert zur Definition eines Radschnellwegs die Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV):
Verbindungen, im Radverkehrsnetz einer Kommune oder einer Stadt-Umland-Region, die wichtige Quell- und Zielbereiche mit entsprechend hohen Potenzialen über größere Entfernungen verknüpfen und durchgängig ein sicheres und attraktives Befahren mit hoher Reisegeschwindigkeit ermöglichen.
Das gibt jetzt noch nicht so wirklich viel her. Aber die folgenden Anforderungen der FGSV werden da deutlich konkreter.
Grundsätzliche Anforderungen |
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Sichere Befahrbarkeit auch bei hohen Fahrtgeschwindigkeiten (30 km/h) |
Direkte, weitgehend umwegfreie Linienführung |
Möglichst wenig Beeinträchtigung durch Schnittstellen mit dem Kfz-Verkehr |
Separation vom Fußverkehr |
Ausreichende Breite |
Hohe Belagsqualität (Asphalt oder Beton) |
Freihalten von Einbauten |
Mittlere Zeitverluste durch Anhalten und Warten innerorts max. 30 Sek./km |
außerorts max. 15 Sek./km |
Steigung max. 6 %, wenn frei trassierbar |
Keine vermeidbaren Höhendifferenzen (verlorene Steigung) |
Städtebauliche Integration und landschaftliche Einbindung |
Weitere Informationen, wie mögliche Führungsformen und ihre notwendigen Breiten und andere Angaben, entnimmt man der Studie (auf Seite 7).
Machbarkeitsstudie Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt
Ab Seite 9 der Studie finden sich dann die projektinternen Qualitätsstandards, die für den Radschnellweg Frankfurt – Darmstadt gelten sollen. Da wird auf mehreren Seiten dargelegt, wie Führungsform, Breitenanforderungen, weitere Breiten oder Einsatzgrenzen für den Radweg anzusetzen bzw. zu handhaben sind. Das kann man da gut nachlesen, deshalb spare ich mir hier die Wiederholung. Im folgenden werden dann Aussagen zur prinzipiellen Führung, Direktheit, Geschwindigkeit, Knotenpunkten, Belag und Service gemacht. In der Machbarkeitsstudie wurden konkret unterschiedliche Trassenalternativen beleuchtet. Die Trasse 2A in der obigen Darstellung ist derzeit die favorisierte Trasse, die Bahntrasse will man im Auge behalten und die Trasse 2B gilt als verworfen. Die favorisierte Trasse wird u.a. deshalb favorisiert, weil sie im Blickpunkt der Öffentlichkeit verläuft und deshalb am ehesten die Chance hat, zusätzliche Nutzer anzuziehen.
Die Studie beleuchtet natürlich Vor- und Nachteile der beiden Trassenführungen und bewertet vor allem die bei der Umsetzung der Trasse notwendigen Maßnahmen. Dazu gehören natürlich auch Eingriffe in Natur und Landschaft. Für unterschiedliche Straßentypen werden Musterquerschnitte gebildet und in der Studie dargestellt.
Im folgenden werden dann für die einzelnen Streckenabschnitte (hier Dreieich) die als notwendig erkannten Maßnahmen dargestellt und erläutert und vor allem die Kosten beziffert. Insgesamt sind derzeit deutlich über 100 Maßnahmen identifiziert. Die Kosten belaufen sich insgesamt auf 8,4 Mio €.
Im Anhang zur Studie sind die Maßnahmen mit Bildern belegt und mit Längenangaben und Kosten versehen. Alleine deshalb ist die Studie für mich schon lesenswert, weil sie einen Eindruck vermittelt, wie mit unterschiedlichen Wege- und Verkehrssituationen umgegangen wird. Das gibt mir Anregungen für Vorschläge, die ich z.B. meiner Gemeinde machen könnte, um kritische Verkehrssituationen zu beseitigen.
Wie geht’s weiter?
Es ist viel zu tun. Die Studie ist vorgelegt und genau betrachtet war bis jetzt alles ganz einfach. Denn jetzt geht’s erst richtig los. Da stehen jetzt die politischen Instanzen an. Hier nur einige Punkte, die erledigt werden müssen, bevor auch nur ein Schild aufgestellt werden oder eine der über 100 vorgeschlagenen Maßnahmen eingeleitet werden kann:
- Abstimmung mit den Gemeinden, ob sie die Trassenführung so mit tragen und an den in ihrer Gemeinde vorgeschlagenen Maßnahmen mitwirken werden.
- Abstimmung mit Hessen Forst, soweit Trassenführung im Wald erfolgt und dafür z.B. die Fahrbahndecke verändert werden muss.
- Abstimmung mit den Umweltorganisationen was die Trassenführung und evtl. notwendige Ausgleichsmaßnahmen anbelangt.
- Abstimmung mit dem Land Hessen, dass für die Anlage des Radschnellwegs dedizierte Mittel bereitgestellt werden und nicht aus bestehenden Budgets finanziert werden muss.
- Verhandlungen mit Grundstückseigentümern, soweit neue Parzellen zur Anlage des Radwegs erworben werden müssen.
- …..
Der ADFC zitiert nach einer Informationsveranstaltung seinen Vorsitzenden Stefan Janke:
Es ist jetzt an der Zeit, dass Hessen beginnt, einen Radschnellweg zu realisieren, andere Bundesländer sind da schon weiter. Der Bedarf ist in der stark wachsenden Rhein-Main-Region mit Sicherheit vorhanden. Radschnellwege helfen, die bestehenden, sich schon an den Kapazitätsgrenzen befindlichen Verkehrswege zu entlasten beziehungsweise sie nicht noch weiter zu belasten. Das Radfahren wird durch diese Wege noch attraktiver.
Auch Pendler zwischen anderen Städten sollen in absehbarer Zeit schnell, sicher und direkt mit dem Fahrrad zum Ziel kommen können.
Wir hoffen, dass die nächsten Schritte sich nicht als zu steinig erweisen.
Persönliches Fazit
Ich persönlich würde mir wünschen, dass das Konzept für den Radschnellweg zügig umgesetzt wird. Und wenn es nur hilft zu verstehen, dass man Radfahrer nicht ständig verstecken und auf vollkommen unzulängliche Wege abdrängen muss. Allerdings bin ich sehr skeptisch, was die komplette Umsetzung anbelangt und rechne in näherer Zukunft nicht wirklich damit. Vielleicht muss man sich auch damit zufrieden geben, dass nur Teilstücke dieses Konzepts umgesetzt werden. Auch das wäre schon ein echter Fortschritt. Ich werde das Vorhaben weiter beobachten und wenn es etwas zu berichten gibt, könnt ihr das hier nachlesen.
© für Bilder und Graphiken: Regionalverband FrankfurtRheinMain
Es gibt doch ne wunderschöne Straße. Da ist man auch ruckzuck in Frankfurt. Man muss nur sein Recht die Straße zuzsammen mit Autos nutzen zu dürfen, selbstbewusst vertreten. Das Fahrrad verliert seine Berechtigung als ökologischeres Verkehrsmittel, wenn man eine Parallelinfrakstruktur aufbaut. Die Autofahrer muüssen die Radfahrer als Norm im Straßenverkehr akzeptieren. Breit genug sind die Straßen allemal.
Moin Thomas,
ich stimme dir zu, das Rad gehört auf die Straße. Aber wenn wir ehrlich sind, muss man als Radfahrer auf der Straße häufig noch eine gewisse Eignung als „Kampfradler“ mitbringen. Wenn wir also das Fahrrad als ökologisches Verkehrmittel Nr. 1 etablieren wollen, müssen wir den Menschen, die wir gewinnen wollen, ein Angebot machen. Und dieses Angebot soll sie erst mal angstfrei auf’s Rad bringen. Dafür ist die B3 nur bedingt geeignet.
Von daher hat der Radschnellweg durchaus seine Berechtigung. Wer die B3 nutzen will und kann wird das ja auch weiter tun. Aber mit dem RSW lassen sich hoffentlich weitere Radler überzeugen, auch regelmäßig längere Strecken zurück zu legen.
In Holland werden Radschnellwege mit Beleuchtung geplant, und in NRW ist es ebenso. Ist dir was bekannt, in welche Richtung die Hessen hier denken?
Hallo Helga,
da gibt es unterschiedliche Aspekte: Schutz für die Fauna auf der freien Strecke, deshalb da eher starke Reflektoren. „Echte“ Beleuchtung dann in den Ortsbereichen. Da das Land Hessen gerade die Förderung des Projekts beschlossen hat, wird sich das ja hoffentlich bald konkretisieren.
Klaus
Die Stadt Frankfurt hat bekanntgegeben, dass die durch den Stadtwald führenden Teile der „Schnellstrecke“ nicht beleuchtet werden sollen.
Auch soll die wassergebundene Decke nicht durch Asphalt ersetzt werden.
Wie das zur Idee eines „Schnellwegs“ passt, ist mir nicht klar.
Na ja Dirk,
inzwischen ist das ohnehin nur noch eine Raddirektverbindung, weil auch die Breite streckenweise für einen Schnellweg nicht mehr reicht.
Ich würde der Sache trotzdem erst mal eine Chance geben.
Klaus
Hallo,
ich fahre 1-2 mal die Woche mit dem Rad von Mühltal, über Darmstadt nach Frankfurt und habe mich auf den Radschnellweg gefreut. Das es jetzt eher eine Direktverbindung wird finde ich schade, denn wenn ich schneller im Büro wäre, könnte ich auch öfters fahren.
Projekte wie die eHighway Teststrecke werden da schneller ausgeführt und kosten 13 Millionen für 5 Kilometer. Da stehen halt wirtschaftliche Interessen dahinter.
Gruß Andreas
Hallo Andreas,
du hast i. W. schon alles gesagt. Trotzdem will ich noch mal betonen, dass ich persönlich froh bin, dass überhaupt was passiert. Ich denke über die diversen Radentscheide wird aktuell der Druck auf die Politik mächtig erhöht.
Gut so!
Klaus