Herzfrequenz, Körpergefühl oder Leistung – nach welcher Methode lässt sich effizient trainieren?
Diese Frage stellt sich inzwischen nicht nur das Profifahrerfeld, sondern auch das Grand der Hobbypiloten. Neben Beruf und Privatem bleibt oft nicht viel Zeit, um den Körper für die ambitionierten Sportpläne vorzubereiten. Vielfach wird einfach drauf los trainiert – oder zumindest angenommen, dass es eine Form von Training ist, die man dort durchführt.
In ambitionierten Kreisen wird vor allem nach drei Methoden trainiert: nach individuellem Belastungsempfinden (anhand der sog. BORG-Skala), nach Herzfrequenz, also mittels Pulsmessung, und nach Watt, also Leistung pro KG und Zeiteinheit.
Insbesondere letztere Methode gewinnt immer mehr an Bedeutung im Rad- und Triathlonsport. So sind Wattmessgeräte längst auch für Hobby-Athleten erschwinglich geworden.
Ein Wattmessgerät ist ein (fast) unverzichtbares Trainingsinstrument für jeden Radsportler, der ambitionierte Ziele verfolgt. Es misst die erzielte Leistung zuverlässig und objektiv – individuell. Lange Zeit waren Wattmessgeräte den Profis vorbehalten, doch inzwischen sind sie auch für Hobby-Athleten erschwinglich geworden. So profitieren nun erfahrene Radsportler und Einsteiger gleichermaßen von wattgesteuertem Training.
Je nach Produkt ermöglicht das Training nicht nur eine gezielte Trainingssteuerung, sondern auch eine effiziente Arbeit an der Hardware, dem Körper und Motor des Athleten/ der Athletin selbst. Neben Marktführer Garmin bieten Marken wie SRM (Schoberer Rad Messtechnik), Quarq oder power2max, um die bekanntesten Anbieter zu benennen, Wattmessgeräte unterschiedlichster Sorte an. Ob als Produkt, dass in die Hinterradnabe, die Kurbel oder die Pedale integriert ist – messen tuen sie alle gleich. Nur was sie alles messen und wie kompatibel sie zum jeweiligen Athletenanspruch sind, das unterscheidet sich bisweilen deutlich.
Watt = Trainingstuning deluxe ?
Ohne Frage: alle Wattmesssesyteme vermögen die vom Athleten geleistete Leistung individuell bestimmen. Verglichen mit anderen Trainingssteuerungsmethoden reden wir beim Wattmesssystem aber von einer kostenintensiven „Spielerei“ (wir sprechen hier von Kosten im höheren drei bis vierstelligen Bereich). Dieser „Spielerei“ sollte jedoch mehr Beachtung als eine müde Belächlung und Erschrecken ob des Preises geschenkt werden, gerade dann wenn es um gesundes Training mit Fortschritt gehen soll. Denn ein Wattmessgerät misst umfänglich die tatsächlich vom Motor, also vom Athleten, geleistete Arbeit (Leistung, physikalisch Einheit: Watt) und verleiht den Herzfrequenzdaten Bedeutung.
Denn das Verhältnis von Herzfrequenz und Leistung entscheidet über den Trainingsfortschritt, sowie die effektive Muskelstimulanz. Wann ist ein Ruhetag sinnvoll, wie kann das nächste Leistungsniveau erreicht und wie Übertraining vermieden werden? Gerade diese Fragen sind für effektiven Trainingsfortschritt unbedingt zu berücksichtigen. Mittels Messung der sog. TSS – Training Stress Score – ermöglicht wattgesteuertes Training die Ermittlung der Trainingsbelastung. Dadurch sind Rückschlüsse auf das individuelle Fitnesslevel als auch auf die Trainingseffektivität (wann wird das nächste Leistungsniveau erreicht?) möglich.
Watt bringt’s? Wattmessung vs. Herzfrequenz
Wer im ambitionierten Hobbyradsport oder gar Leistungssport heimisch ist, wird nur noch bedingt nach individuellem Belastungsempfinden, der sog. BORG-Skala, trainieren. Verbreiteste Trainingssteuerung bildet nach wie vor besonders die Herzfrequenzsteuerung, evtl. gekoppelt an Trittfrequenzmessungen. Das Positive an der Herzfrequenzsteuerung: individuelle Schwankungen der Tagesform können schnell erkannt und sinnvoll im Training berücksichtigt werden. Neuste sportwissenschaftliche Erkenntnisse attestieren dem reinen Herufrequenztraining allerdings „nicht mehr am Puls der Zeit zu sein“ (Zitat: Dipl. Sportwissenschaftler Christoph Lörcks). So kann die Herzfrequenz durch viele innere wie äußere Faktoren beeinflusst werden und die tatsächliche Leistungsfähigkeit und Leistung mindern. Herzfrequenzmessung allein birgt demnach das Risiko, leicht falsche Rückschlüsse in Puncto Fitness und Leistungsfähigkeit zu ziehen. Darunter leidet nicht nur der Fortschritt, sondern eventuell auch das Selbstbewusstsein der Athletin/ des Athleten. Dies sollte unbedingt vermieden werden!
Im Vergleich zur reinen (!) Herzfrequenzmessung ermittelt ein Wattmessgerät die erzielte Leistung präziser. Eine Messung über die physikalische Konstante Watt, also Leistung pro Zeiteinheit ist objektiver. Insbesondere bei intensiven Einheiten wie Intervallen kann davon profitiert werden. Denn die Herzfrequenzmessung spiegelt nur verzögert von 5-10 Sekunden die Auslastung des Körpers wider. Die physikalische Einheit Watt hingegen ist konstant und ermöglicht eine gezieltere Leistungsstandbestimmung.
Erst die Berücksichtigung aller Komponenten des „Magischen Dreieckes des Trainings“ ergibt eine sinnvolle Trainingskombination. Während die Trittfrequenz, vor allem aber die Herzfrequenz von äußeren Einflüssen beeinflusst werden können, bildet die physikalische Größe „Watt“ die Konstante, nach der trainiert und Steigerungen der Leistung gemessen werden kann. Kombiniert mit einer Leistungsniveaubestimmung (Leistungsdiagnostik) kann das „Deluxetraining“ beginnen.
Mittels der Wattmessprodukte wird aber auch noch mehr gemessen, als die Wattwerte, die Trittfrequenz und die Herzfrequenz. So kann jeder Fahrer anhand von individuellen Leistungs- und Ermüdungsprofilen seine individuellen Stärken und Schwächen identifizieren und gezielt trainieren. Neuste Modelle (z.B. von Garmin das Vector® und Vector S® -System) messen z.B. nicht nur die Wattleistung insgesamt, sondern bilden auch ab, ob Dysbalancen vorliegen (Cycling Dynamics-Funktion*). Mittels der Darstellung der Power Phase (PP) wird detailliert der „Runde Tritt“ analysiert und die Beinkraftverteilung visualisiert. Zu welchem Zeitpunkt im Tretzyklus wird die positive Antriebskraft gesetzt, wo beginnt und wo endet sie? Wird gleichmäßig oder mit einem Bein mehr als mit dem anderen Kraft auf das Pedal gebracht?
Mittels dieser Analysen lassen sich Rückschlüsse auf die Haltung des Athleten auf dem Rad ziehen und Trainingsempfehlungen aussprechen. Dysbalancen werden abgebaut, das Training effizienter gestaltet und die Leistung langfristig gesteigert.
(*ab Q4/14 nur für Vector® verfügbar!)
Von der Theorie in die Praxis
Angestossen durch einen Vortrag bei bewegungsfelder hab ich mich mit dem Thema Watttraining intensiver beschäftigt und bin besonders auf zwei Publikationen aufmerksam geworden: 1. Wattmessung im Radsport und Triathlon (original Titel: Training and Racing with a Powermeter) von Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan und 2. Praxishandbuch Wattmessung von Joe Friel.
Erstere Hunter Allen und Dr. Andrew Coggan erläutern in ihrem Werk Wattmessung im Radsport und Triathlon die zentralen Aspekte des wattgesteuerten Trainings. Dabei stellen sie verschiedene Wattmesssysteme und Auswertungsprogramme für ambitionierte Radsportler aller Leistungsstufen vor und erklären, wie mittels Wattsteuerung das Training optimiert werden kann.
[…] Literaturtip: Mehr Informationen zu den Vorteilen von Wattmessungen und dem Einsatz im Training bietet die Lektüre „Wattmessung“ von Allen und Coggan. Mehr in unserer Buchempfehlung: Link […]
[…] haben wir schon im letzten Jahr getestet. In diesem Kontext haben wir auch schon einiges zum Thema Watt basiertes Training geschrieben. Nachdem Garmin in diesem Sommer das Nachfolgemodell Vector 2 auf den Markt gebracht […]
Eine Website die sich Rund-ums-Rad.info nennt und dann die Radnabe mit einer verheilten Verletzung verwechselt, oh ha! 😀 Ansonsten gute, kurze Zusammenfassung.
Lieber Dominik, ganz sachlich genommen, mich würde interessieren, ob du dich zu deinem Kommentar hast hinreissen lassen, weil die Buchanregungen bzw. die Besprechung vor 3 Jahren (!) eine Frau geschrieben hat und es offensichtlich eine Narbe bei dir aufgerissen hat oder ob du lediglich versucht hast, konstruktiv zu sein, einen im Lektorat durchgegangenen Fehler anzumerken? Mir kommen bei letzterer Option starke Zweifel. 😉 – Konstruktive Kritik ist sonst gerne gesehen (das gilt für alle meine Kolleginnen und Kollegen hier). Generell sollte dir aber bewusst sein, dass eine Literaturvorstellung und/ oder Themenbehandlung nur einen Impuls gibt und keine vollständieg Rezension bzw. inhaltliche Darlegung vornimmt (kann sie ob des limitierten Platzes auch gar nicht – sie erhebt diesbezüglich auch niemals den Anspruch es zu tun!). Wenn du dies nun aber wiederum erwartet hast, bedauere ich, dass wir bzw. der Artikel dich offensichtlich enttäuscht hat. Es würde uns (dennoch) natürlich freuen, wenn du trotzdem etwas Positives aus unseren Beiträgen mitnimmst. 😉
Sportliche Grüße.