Die Mission Control Druckstufe – bis 2011 ein oft leidiges Thema.
Versprochen werden eine einstellbare „High“ und „Low Speed“ Druckstufe sowie ein Floodgate um das Wippen im Wiegetritt zu verringern.
Weitläufig beschwert wurde sich in Internetforen, auf Blogs und auf den Trails über die Verstellung der Druckstufe, die aber nicht wirklich etwas verstellt.
Woran liegt das? Man findet allerhand Hypothesen über Ölstände, Viskositäten und Shimstacks und dazu einige Lösungsmethoden.
Methode 1: Viskosität
Je dicker das Öl ist, desto größer wird die Reibung im Fluid bei gleichem Querschnitt und gleicher Durchflussgeschwindigkeit.
Mit der Veränderung der Viskosität kann also der Verstellbereich zur stärkeren oder schwächeren Dämpfung hin verschoben werden.
Funktioniert zwar insgesamt spürbar, nur verändert sich bei dickerem ÖL dabei nichts an der Funktion der Verstellung, eher wird diese noch schwächer.
Bei überdämpften Gabeln die Viskosität herabzusetzen kann hingegen Abhilfe schaffen und die Verstellung auch zum Laufen bringen.
Methode 2: Shims
M.E. die beste, aber aufwändigste Lösung für Druckstufen ohne spürbare Funktion.
Zur Erklärung:
Die Dämpfung funktioniert über einen Kolben, der durch das Öl bewegt wird. Im Kolben befinden sich Öffnungen, deren Durchflusswiderstand durch die Einstellknöpfe veränderbar sein soll.
Außen befindet sich ein dünner Metallring, der über eine recht weiche Feder vorgespannt wird. Dies ist das Rücklaufventil.
Von Unten erkennt man eine Bohrung in der Mitte und drei längliche Offnungen um die Bohrung herum. Dies sind die beiden Druckstufen.
Die Low Speed Druckstufe sitzt in der Bohrung (Bypass) und verändert ihre Härte über einen veränderlichen Austrittsquerschnitt.
Dieser wird über eine Schraube reguliert, die sich in einem Gewinde in der Bohrung nach oben und unten drehen lässt und so den Querschnitt eines Seitlichen Lochs oberhalb des Kolbens verändert. Je kleiner dieser Querschnitt eingestellt ist, desto härter reagiert die Dämpfung.
Die High Speed Druckstufe wird über die Vorspannung von dünnen Metallplättchen, den sog. Shims eingestellt. Die Shims dichten die Kanäle bei kleinen Ölflussmengen (geringem Druck) nahezu vollständig ab und geben diese mit zunehmendem Druck immer weiter frei während der Querschnitt der Low Speed Druckstufe konstant bleibt.
Der Anteil der High Speed Druckstufe an der Dämpfung wächst also mit steigendem Öldruck (Einfedergeschwindigkeit).
Neben der Eigensteifigkeit der Shims bestimmt die Vorspannung über eine Hülse die Härte der High Speed Druckstufe.
Sind die Shims aber insgesammt zu weich, weichen diese schon bei geringen Öldrücken aus, sodass eine Veränderung der Low Speed Drucktufe nahezu keine Wirkung zeigt. Gleiches gilt auch bei zu dickem Öl.
Die Gabel ist dann zwar insgesamt stark gedämpft, aber die Verstellung ist nur schwach wahrnehmbar, ausserdem arbeitet die High Speed Druckstufe dann schon bei sehr langsamen Einfedergeschwindigkeiten was auch erklärt warum einige, die zu dickeren Öl gegriffen haben meinten die High Speed Druckstufe wirke dann auf einmal so wie die Low Speed wirken sollte. Faktisch aber hatte die Low Speed durch das Dickere Öl keine Funktion, weil ihr wiederstand so groß wurde, dass der Durchfluss auch bei geringen Einfedergeschwindigkeiten immer fast vollständig durch die High Speed Öffnungen ging.
Die Standartanordnung des Shimpacks bestand bei meiner Gabel aus einem 20×0.1, einem 15×0.1, drei 20×0.1, einem 12×0.1 und einem 10×0.1 Shim.
Schon die Änderung der Reihenfolge als „Pyramide“ (alle vier Großen unten) brachte einen Effekt dahingehend, dass die High Speed Druckstufe sich einerseits erst bei schnellerem Einfedern bemerktbar machte, die Low Speed Drucktufe deutlicher spürbar war (im Stand) und die Gabel nicht mehr so unterdämpft erschien.
Ferner wäre möglich das Shimpack durch dickere und/oder größere Shims zu ergänzen, z.B. 21×0.15.
Die Gabel läuft mit 200ml 5wt Öl aus dem Motorradbedarf. Dieses ist etwas dünner, als das 5wt Öl von RockShox. (Ermittelt über den Volumenstrom durch einen gleichen Querschnitt in einer Minute) Mein Fahrergewicht liegt bei etwa 80kg. Mehr Gewicht fordert eine härtere Druckstufe, eventuell werden dann härtere Shims mit dickerem Öl notwendig.
Zum Ausbau:
1.)
Schrauben Sie die Motion Control Einheit aus der Gabel indem Sie die Verstellknöpfe oben demontieren. Der Low Speed Knopf kann von oben durch den 4er Innensechskant gelöst werden, der High Speed Knopf durch zwei Gewindestifte seitlich (1.5er Innensechskant).
Nehmen Sie beide ab, nun wird ein Außensechskant sichtbar.
Schrauben Sie diesen aus der Gabel und ziehen Sie die Druckstufeneinheit heraus. Gehen Sie langsam vor, ein eventueller Ölüberstand soll ablaufen können.
Reinigen Sie die Dämpfungseinheit mit einem weichen Tuch und eventuell mit Alkohol.
2.)
Nehmen Sie Den Sicherungsring unten am Messingkolben ab. Sie benötigen hierfür eine Zange für Sicherungsringe, sonst werden sie kaum eine Chance haben den Ring später wieder zu montieren. Nehmen Sie auch den Gleitring ab.
Schieben Sie die Feder und den Shim des Rückflussventils nach unten, damit sie diese nicht bei der restlichen Arbeit beschädigen.
Versuchen sie den Messingkolben von unten gegen den Urzeigersinn abzuschrauben, sollte das nicht gehen, drücken Sie die schwarze Hülse etwas nach oben und schieben Sie einen 12er Schlüssel auf die Schlüsselfläche der schwarzen Kontermutter.
Sollte auch das noch zu schwer sein, schieben Sie einen weiteren Schlüssel auf die Silberne Schlüsselfläche oberhalb und drehen sie die Kontermutter von unten im Uhrzeigersinn etwas gegen die Stirnfläche am silbernen Bauteil. Dadurch sollte der Kolben entlastet werden und sich drehen lassen.
3.)
Sie halten nun den Kolben und die Shims in der Hand.
Sie können beliebig tunen, demontieren Sie die schwarze Mutter vollständig und ziehen Sie die Vorspannhülse ab. Unterlegen Sie die Feder der Vorspannung (härter), verändern sie die Reihenfolge der Shims oder setzen Sie neue Shims zusätzlich ein. Die Dicke des Shimpacks sollte nur nicht so groß werden, dass sich der Kolben nicht mehr vollständig aufschrauben lässt, versuchen Sie die ursprüngliche Dicke etwa beizubehalten.
4.)
Montieren Sie wieder alles und setzen Sie die Einheit wieder in die Gabel ein.
Und hier noch ein paar Bilder dazu:
Man erkennt, dass die Querschnittsfläche der High Speed Druckstufe um ein vielfaches Größer ist als die der Low Speed.
Wenn die Progression der Gabel erhöht werden soll, ist dies auch über den Ölstand möglich. Je höher der Ölstand in der Gabel ist, desto geringer wird das restliche Luftvolumen. Technisch gesehen bedeutet das nach dem Zusammenhang F ∼ 1/V einen steileren Anstieg der Gegenkraft durch diese zusätzliche Gasfeder (Progressivität).
Vorsicht! Immer testen, ob die Gabel sich trotzdem noch vollständig einfedern lässt!
Der Autor
Hallo,
sehr interessant dein Artikel!
Wo kann man denn solche Shims einzeln kaufen?
Mfg
Hallo,
Die Shims gibt es bei MRC-Trading. Innendurchmesser 8mm, Außen bis 21mm.
hat mal jemand darüber nachgedacht, dass Zug- und Druckstufe nicht aufeinander abgestimmt sind. Eine Möglichkeit wäre auch, dass die Stange der Zugstufe zu dünn ist und das verdrängte Öl nicht ausreicht, um genügend Volumenstrom durch die Druckstufe zu erzeugen.
Hallo McRoeper,
die Idee ist nicht schlecht, die Flussrate zu erhöhen um mehr Energie umzusetzen. Zu beachten bei anderen Zugstufen ist dann jedoch auch die Maximalverdrängung im Verhältnis zum vorhandenen Platz. Das ganze Setup muss halt zueinander passen. Ich befürchte, dass die Abstimmung da wohl existiert, weil man schon mit etwas mehr als Normalfüllstand spürbar an diese „Verdränungsgrenze“ stößt.
Gruß nach all den Jahren und happy riding 🙂